Seit drei Jahren wird um den geplanten Bau von Wohnungen auf dem Stintfang gestritten. Zwischen AnwohnerInnen und Politik kam es immer wieder zu hitzigen Diskussionen. Heute hat der Hauptausschuss dem Bebauungsplan zugestimmt, der das Projekt ermöglicht. Mittendrin zeigt was geplant ist und welche Kritik es gibt.
Dass Hamburg dringend bezahlbaren Wohnraum benötigt, darin sind sich fast alle einig. Trotzdem kommt es bei dem Wohnungsbauvorhaben auf dem Stintfang auf St. Pauli immer wieder zu Protesten von AnwohnerInnen, die den Bau in der bisher geplanten Form ablehnen. Nachdem der Stadtplanungsausschuss in seiner letzten Sitzung bereits grünes Licht für den notwendigen Bebauungsplan gegeben hatte, wurde der Beschluss heute durch den Hauptausschuss der Bezirksversammlung bestätigt. Gegen die Stimmen der Linken wurde der Bebauungsplan genehmigt, so dass nun jederzeit mit den Arbeiten begonnen werden kann. Mittendrin zeigt was auf dem Stintfang entstehen soll und warum die AnwohnerInnen das Projekt kritisieren.
Was ist geplant?
„Wir wollen hier ein günstiges und attraktives Wohnprojekt realisieren“, sagt Henriette von Enckevort, Bezirksabgeordnete der SPD während des letzten Stadtplanungsausschusses. Auf den alten Wallanlagen direkt oberhalb der Elbe soll Investor Euroland das umsetzen. Die Pläne reichen dabei bereits in das Jahr 2007 zurück. Zu diesem Zeitpunkt erwarb Euroland das Grundstück, das der Senat 2006 zum Verkauf freigegeben hatte. Nach Unstimmigkeiten über das Konzept für den Bau, wurde das Planungsverfahren Ende 2011 eingeleitet, nachdem es Anfang 2012 bereits Gespräche mit den AnwohnerInnen gegeben hatte, bei denen insbesondere die geplante Gebäudehöhe kritisiert wurde. Im Zuge der öffentlichen Auslegung der Pläne wurden insgesamt 54 Einwände gegen das Bauvorhaben eingereicht. „Die Einwände wurden gründlich abgewogen“, erklärt Michael Mathe, Leiter des Fachamtes Stadt- und Landschaftsplanung.
Herausgekommen ist ein veränderter Bauplan, der im Vergleich zu den vorherigen Planungen ein Stockwerk weniger vorsieht, sodass die Gebäudehöhe nun 21 Meter betragen soll. Zum Vergleich: Das benachbarte Hotel Hafentor hat eine Gesamthöhe von rund 20 Metern. Auch die Gesamtfläche des Bauprojektes wurde um 150 Quadratmeter reduziert. Unter diesen Bedingungen sollen hier nun insgesamt 52 Wohneinheiten entstehen. Davon sind 18 Wohnungen für betreutes Seniorenwohnen, 14 Wohnungen für betreutes Wohnen von Menschen mit Behinderungen und zwei Wohnungen für familiengerechtes Wohnen vorgesehen. Diese Wohnungen werden alle öffentlich gefördert. Darüber hinaus sollen 18 frei finanzierte Mietwohnungen entstehen. Auch eine Gewerbefläche im Erdgeschoss ist vorgesehen. Die S-Bahn-Station soll in das Gebäude integriert werden. „Es war uns wichtig, dass hier keine Eigentumswohnungen entstehen. Das haben wir geschafft“, freut sich von Enckevort. All das sowie Vorgaben zur Gebäudegestaltung und Ausgleichzahlungen für zu fällende Bäume sind in einem Vertrag mit der Stadt geregelt, der am 17. März unterzeichnet wurde.
Welche Kritik gibt es?
Schon in den ersten Diskussionen äußerten viele AnwohnerInnen Bedenken aufgrund der Gebäudehöhe. Man befürchtet, dass die historische Sichtachse des Viertels zum Hafen verbaut werde. Auch der Denkmalschutz spielt bei den Kritikern eine wichtige Rolle. Die Initiative „Hafentor 7 – Rettet den Stintfang“ beklagt, dass ein historisch bedeutsamer Ort so zerstört werde. Der Stinfang gehörte ab dem 17. Jahrhundert zu den Verteidigungsanlagen der Stadt. Die ehemalige Bastion Albertus ist heute ein beliebter Aussichtspunkt. Auch der Kunsthistoriker Professor Hermann Hipp spricht sich gegen das Bauprojekt aus. Der Stintfang markiere die historische Kontur des alten Hamburg am Elbufer. Auch der Denkmalrat hat bereits Bedenken gegen den Bau geäußert.
Wie geht es jetzt weiter?
Der Beschluss im Hauptausschuss fiel heute ohne neue Diskussionen, obwohl die CDU-Fraktion vor zwei Wochen kritisiert hatte, dass die rund 73 Seiten mit Einwendungen erst am Abend vor der Sitzung vorgelegen hatten. Besonders die SPD spricht sich für den Neubau aus: „Wir wissen, dass es sich hier um ein sensibles Projekt handelt. Am Ende entsteht hier jedoch etwas Gutes für den Bezirk“, sagt von Enckevort.
Mit dem heutigen Beschluss des Hauptausschusses hat Euroland die Möglichkeit mit dem Bau zu beginnen. Laut Fachamt Stadt- und Landschaftsplanung will der Investor das nun zügig umsetzen. Sicher werden auch die Proteste der AnwohnerInnen anhalten – verhindern kann man den Wohnungsbau an dieser Stelle aber nicht mehr.
Design der Bilder: Fachamt Stadt- und Landschaftsplanung
Daniel
2. April 2014 at 21:33
Liebe Hamburger! Es ist kein Wunder, dass die historischen Merkmale Opfer des allgemeinen Baubedarfs werden. Unsere Bezirksabgeordneten und Stadtplaner leben mehrheitlich ausserhalb des Stadtkerns wenn nicht ganz ausserhalb von Hamburg. Sie vertreten eine andere, einfachere und funktionalere Baukultur. Auf dem guten Geschmack und der nachhaltigen Attraktivität der Innenstadt kommt es ihnen weniger an, wenn ein Investor Sozial- und Neubauwohnungen bietet. Viele Städte haben längst eine Sonderbaukommission für Projekte in ihrer zu schützenden Innenstadt.
JeuneHomme
3. April 2014 at 08:17
Hm. Zumindest nach der Zusammensetzung der zuständigen Ausschüsse sind die Bezirksabgeordneten zu 90% Bewohnerinnen und Bewohner der Innenstadt bzw. St. Paulis und St.Georgs, lieber Daniel.