Die Frauenmalgruppe „Wir“ stellte am Freitag ihr Projekt „Mein Mümmelmannberg“ zum ersten Mal im Kulturpalast Billstedt aus. Die Künstlerinnen setzen vor allem auf kräftige Farben und Realismus – und die Überzeugungskraft ihres Stadtteils.
Bunt, fröhlich und aufgeweckt – so wird der Stadtteil Mümmelmannsberg von den Malerinnen der Gruppe „Wir“ dargestellt. Die Bilder zeigen die vielen Facetten, die Mümmelmannsberg zu bieten hat. „Unser Stadtteil ist so toll entstanden. Zwischen den Straßen ist viel Platz und man kann nicht von der einen, in die andere Wohnung gucken. So viel Raum, so viel Luft dazwischen finde ich faszinierend“, sagt Ingrid Emke, die Vorsitzende des Vereins. Zu sehen ist auf den Bildern zum Beispiel die Feinigerstraße, an der die knallorangene Gesamtschule Mümmelmannsberg liegt. Oder auch ein Panoramagemälde, welches “Mümmel“ von Havighorst aus gesehen zeigt. Alle Bilder zeigen die Siedlung realistisch und wahrheitsgetreu, denn nichts wird beschönigt dargestellt und die allgemeine Message der Künstlerinnen wird klar: „Mümmelmannsberg ist gut, so wie es ist!“
Die Frauenmalgruppe wurde 1991 gegründet und hat seitdem viele Projekte und Aktionen ins Leben gerufen, wie zum Beispiel „Kunst on Tour“ oder „Quadrologo – Volkskunst“. “Wir“, bestehend aus etwa 30 Frauen, ist genauso vielschichtig wie ihre Heimat selbst. Die jüngste Künstlerin ist 16 Jahre alt, während die älteste vor kurzem ihren 90. Geburtstag feiern durfte. Alteingesessene Hamburger, die schon ihr Leben lang in der Hansestadt wohnen, schaffen neben zugezogenen Menschen aus aller Welt eindrucksvolle Kunst in ihrem Atelier. Die Frauen spiegeln als Gruppe das bunte Mümmelmannsberg wieder – letztendlich aber auch das multikulturelle Hamburg.
Ein Ort, wo die Sonne hinter Plattenbauten und Dönerbuden untergeht
Ein Bild zeigt die Sonne hinter einem der vielen Hochhäuser in Mümmelmannsberg verschwinden. Mit diesen berüchtigten Plattenbauten, die in den 70ern entstanden sind, verbinden viele die Siedlung im Stadtteil Billstedt. Sie war in den letzten Jahren hauptsächlich durch eine hohe Kriminalitätsrate sowie Arbeitslosen- und Migrantenquote bekannt geworden. Schuld sei die Presse, so Emke. Sie ist der Meinung, dass vor allem die Medien Stimmung gegen ihre Heimat im Osten Hamburgs machen. „Negative Seiten hat jeder Stadtteil.“ Besonders viel Aufmerksamkeit regte sich, als bekannt wurde, dass 2006 eine ZDF-Produktion Jugendliche dafür bezahlt haben soll, die Gewalt und das aussichtslose Leben in Mümmelmannsberg szenisch darzustellen. Die Realität sieht anders aus: Das Statistikamt Nord berechnet für war 2004 die Arbeitslosenquote in Mümmelmannsberg jedoch nicht viel höher als im gesamten Bezirk Hamburg-Mitte. In Mümmelmannsberg sind es 9,3 Prozent, in ganz Hamburg-Mitte 8,7 Prozent. Es seien zum größten Teil Einzelfälle, die von den Medien breitgetrampelt würden, meinen viele Anwohner. Egal ob kleine Jugendgangs oder ein angezündetes Auto – „Mümmelmannsberg sei außer Kontrolle“, würde es in den Medien dann wieder heißen.
„Ich habe in Altona, Blankenese und Horn gewohnt – aber Mümmelmannsberg ist meine Heimat“
An den Bildern ist jedoch nicht schwer zu erkennen, dass die Künstlerinnen überzeugt von ihrem Quatier sind. Auch das „Internationale Fest der Freundschaft“, und somit der Austausch der Kulturen, wird bildlich vorgestellt. Dieses Event findet jedes Jahr im Herzen Mümmelmannsbergs auf dem Skulpturenhof statt und wird immer mit Musik und Kulinarischem aus aller Welt begleitet. Ingrid Emkes Kunstwerk ist ein großes Bild von einem Zierkirschenbaum, den sie vor ihrem Fenster stehen hat. Der gemalte Baum erstreckt sich mit seinen Zweigen und Ästen über die gesamte Leinwand. Ingrid Emke ist in Blankenese aufgewachsen und findet Billstedt viel aufregender und lebensfreudiger. „Ich habe das Gefühl, dass die Leute dort emotional viel ärmer sind als wir. Daher bin ich froh hier zu sein.“
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