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Auma Obamas Rede in Hamburg: über Flüchtlinge, Verantwortung und Toleranz

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Carolin Wendt

Redakteurin | Dipl.-Psychologin | wendt@hh-mittendrin.de | blog: http://lexy04.wordpress.com/

Auma Obama hielt am Sonntag im Thalia Theater die Eröffnungsrede der Lessingstage 2014 und sprach dabei über Flüchtlinge aus Afrika, Europas Verantwortung dafür, Toleranz und der Angst vor dem Fremden.

Am Sonntag, dem 26. Januar eröffneten der Intendant des Thalia Theaters Joachim Lux und Auma Obama die diesjährigen Lessingstage im Thalia Theater Hamburg. Ihre Eröffnungsrede im ausverkauften Theatersaal widmete die Schwester von Barak Obama den Flüchtlingen, die vor Lampedusa auf der Suche nach einem besseren Leben gestorben sind.

Themenschwerpunkt Afrika

Bereits die einleitenden Worte von Joachim Lux gaben einen Einblick in den ernsten Hintergrund des Themas, vor dem die Lessingtage in diesem Jahr stattfinden. „Die Lessingtage sind nicht nur ein Theater-, sondern auch ein Themenfestival.“, erklärte Lux. „Der Themenschwerpunkt Afrika in diesem Jahr führt auch zu einer Auseinandersetzung mit der Vergangenheit Europas, der Kolonialisierung und der Frage nach den Grenzen und Idealen Europas heute.“ Lampedusa sei das Guantanamo Europas, ein Schandfleck der Ideale Europas. „In Hamburg kumuliert das Flüchtlingsdrama mit der Gruppe Lampedusa Hamburg derzeit. Lessing stellte die Forderung nach dem Weltbürgertum und meinte damit, dass sich die Bürger der Welt auf einer Augenhöhe befinden sollen. Dieser Anspruch gilt auch für Hamburg.“

Auma Obama als Fremde in der Fremde  

Als Auma Obama anschließend die Bühne betrat, kündigte sie eine politische Rede an. Auma Obama hat 16 Jahre in Deutschland gelebt, ist promovierte Soziologin und Germanistin und arbeitet in Deutschland und Kenia. Ihre Rede hält sie auf Deutsch. Trotz des ernsten Inhaltes sorgt sie mit ihrem Humor immer wieder für Zwischenapplaus. In ihrer 2-stündigen Rede sprach sie über ihre Erfahrungen als Fremde in Deutschland, die Angst der Deutschen vor dem Fremden, Wert und Inhalt von Toleranz, den Beitrag Europas daran, dass Afrikaner gezwungen sind, ihren Kontinent zu verlassen und ihrer Stiftung zur Stärkung der Jugend.

„Für viele Deutsche heißt Integration, Deutsch zu werden.“, so Auma. „Viele haben Angst vor Veränderungen, Verlust und Entfremdung der eigenen Kultur.“ Sie wünsche sich, dass sich die Menschen mehr Zeit nehmen, sich zu informieren und einander kennenlernen, bevor Ängste wachsen und bezieht sich dann auf Lessing: „Anderssein gehört zum Anderen. Wir müssen andere Kulturen anerkennen und uns auch bewusst werden, dass die deutsche Kultur von zahlreichen Kulturen mitgeprägt ist.“ Hierfür sei  Toleranz eine Notwendigkeit und keine Tugend. „Wie man essen muss, muss man auch Toleranz ausüben. Sie ist Basis für alles und fängt im Kleinen, im Familien- und Nachbarkreis an.“

„Als erstes bringe ich den Kindern bei, mir in die Augen zu schauen.“

Anschließend zeigte sie politische, wirtschaftliche und entwicklungspolitische Gründe für Zwangsmigration und Flucht aus Afrika auf mit Bezug auf die Verantwortlichkeit Europas auf. „Afrika ist reich an Rohstoffen. Es wird wirtschaftlich nach wie vor ausgebeutet und fremdbestimmt.“ Als Beispiel dafür, wie es der eigenen Wirtschaft durch internationale Zusammenarbeit unmöglich gemacht wird, konkurrenzfähig zu sein, berichtete sie von ihren eigenen Erfahrungen als Mitarbeiterin an einer Universität in Kenia: „Ich habe an der Uni ein Achtel von dem verdient, was meine Kollegin, die für eine internationale Firma arbeitete, bekam. Wir hatten beide die gleiche Ausbildung, beide waren wir promoviert und erledigten die gleichen Aufgaben. Aber abends konnten wir nicht mal einen Salat zusammen essen gehen, weil ich mir das nicht leisten konnte.“ Afrika sei immer noch ein Agrarland, dennoch könnten durch Subventionierungen der Europäischen Union importierte Güter günstiger verkauft werden, als einheimische. „Ich möchte, dass Flüchtlinge friedlicher angesehen werden. Bis ein Afrikaner aus seinem kleinen Dorf nach Europa kommt, ist es ein langer Weg.“

Mit ihrer Stiftung „SAUTI KUU – starke Stimmen für eine starke Jugend“ möchte sie, Kindern und Jugendlichen in Kenia beibringen, selbstbestimmt zu handeln. „Ich möchte, dass die Kinder Bewusstsein für ihr eigenes Potential erlangen. Sie sollen lernen, anderen in die Augen zu schauen, ihre Stimme zu benutzen, nein zu sagen und zu partizipieren. Abschließen möchte ich damit, dass die Verantwortung auf der Welt bei uns allen liegt.“

Noch bis zum 9. Februar finden im Rahmen der Lessingtage 2014 Veranstaltungen wie die Nacht der Weltreligionen und Gastspiele auf allen Bühnen des Thalia Theaters und weitere Veranstaltungsorten statt.

 

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