In der kommenden Woche eröffnet die Internationale Bauausstellung (IBA) auf den Elbinseln. Ab dem 23. März will die IBA die Stadt der Zukunft zeigen. Gedacht als Instrument der Stadtentwicklungspolitik mehren sich jedoch die kritischen Stimmen gegen die IBA. Nicht nur die Initiative „IBA? Nigs DA!“ positioniert sich gegen die Bauausstellung und die angestrebte Aufwertung des Stadtteils (Mittendrin berichtete). Auch der Verein Zukunft Elbinsel Wilhelmsburg setzt sich kritisch mit den Konsequenzen der IBA auseinander.
Die Protestkultur auf den Elbinseln hat Tradition. Eine geplante Müllverbrennungsanlage in Wilhelmsburg, der Schadstoffausstoß der Sondermülldeponie in Georgswerder und die Verkehrsbelastung durch die Wilhelmsburger Reichsstraße – dies sind nur einige der Themen, mit denen die WilhelmsburgerInnen in den vergangenen Jahren konfrontiert gewesen sind. „Durch die anhaltende Drohkulisse hat sich auf den Elbinseln eine ‚soziale Deichwacht‘ entwickelt“, sagt Tobias Schmidt, Soziologe vom Leibniz-Institut für Regionalentwicklung und Strukturplanung. Seit Jahren beschäftigt sich das Institut mit den Protestbewegungen im Hamburger Süden. Die gemeinsame Geschichte des Misstrauens und der Verletzlichkeit stärke das Wir-Gefühl der Schicksalsgemeinschaft hinter dem Deich. Aktuell wird insbesondere die Internationale Bauausstellung als Bedrohung wahrgenommen. „Die zivilgesellschaftlichen Akteure sind enttäuscht über zu geringe Beteiligungsmöglichkeiten“, sagt Schmidt im Rahmen der Veranstaltung Pegelstand Elbinsel.
„Trotz Einladung werde ich das Band bei der Eröffnung der IBA nicht durchschneiden“, sagt Liesl Amelingmeyer vom Verein Zukunft Elbinsel. „Die Ergebnisse der Bürgerbeteiligung zur Reichsstraße werden ignoriert und die Stadt nutzt die IBA, um umstrittene Projekte durchzusetzen“, sagt Amelingmeyer weiter. Die BürgerInnen kritisieren die fehlende Transparenz bei der Kommunikation mit Politik und Verwaltung. Oft würden sich am Ende die Finanzbehörde und die Hamburg Port Authority (HPA) durchsetzen, um die Interessen der Hafenwirtschaft zu vertreten. „Durch IBA und Internationale Gartenschau ist eine Menge Geld auf die Elbinseln geflossen. Die Frage ist aber, was die Bauprojekte den Menschen hier nachhaltig bringen“, sagt Jochen Klein, Gründer der Initiative Rechtsschutz Lebensqualität Wilhelmsburg.
Besonderes kritisieren die engagierten Insulaner den Umgang der IBA mit angekündigten Protesten am Eröffnungswochenende. Durch Sondernutzungsflächen der IBA soll das Demonstrationsrecht eingeschränkt werden. „Die IBA eröffnet und es darf nicht demonstriert werden. Stattdessen verordnet uns die IBA eine Feier“, sagt Bettina Kiehn, Leiterin des Bürgerhauses Wilhelmsburg. „Die Bauausstellung ist ein Ausnahmezustand auf Zeit“, sagt Gerti Theis, Projektkoordinatorin der IBA. Langfristig solle sich die IBA positiv auf den Stadtteil auswirken. „Der Begriff des Ausnahmezustands wird immer dann verwendet, wenn Bürgerrechte beschnitten werden. Genau das tut die IBA hier!“, sagt Michael Rothschuh von Zukunft Elbinsel. In der kommenden Woche sind weitere Gespräche mit der IBA geplant. Die WilhelmsburgerInnen fürchten jedoch, dass die Proteste an den Rand der Großveranstaltung gedrängt werden sollen. „Wilhelmsburg soll auf einer tollen Feier ausgestellt werden. Ihr fahrt später nach Hause, aber wir sind es, die hier bleiben“, sagt die Wilhelmsburgerin Anke Kewitz.
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