Politik

Hauptbahnhof: Sitzen, trinken, betteln ist erlaubt

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Dominik Brück
@dobrueck

| M.A. Politikwissenschaft | E-Mail: brueck@hh-mittendrin.de

Der heftig umstrittene Vertrag der Stadt mit der Deutschen Bahn über die Nutzungsrechte am Hauptbahnhof (Mittendrin berichtete) bleibt weiter Grundlage für die alltägliche Vertreibung von Menschen vom Hachmannplatz. Verfassungsrechtler kritisieren das Vorgehen des Senats und sehen die Maßnahme als verfassungswidrig an.

Die Kritik an der Situation auf dem Hachmannplatz reißt nicht ab. Noch immer finden vor Ort regelmäßig Protestaktionen gegen die Vertreibung statt (Mittendrin berichtete). Insbesondere Sozialverbände und Einrichtungen in St. Georg sehen das Vorgehen der Stadt und der Deutschen Bahn als unverhältnismäßig und sozial nicht vertretbar an. Schon seit dem Abschluss des Vertragswerkes werden die Kritiker von Verfassungsexperten unterstützt. So berichtete die taz. am 13.11.2012, dass eine Abtretung des Polizeirechts aus Sicht des emeritierten Rechtsprofessors Ulrich Karpen nicht rechtmäßig sei. Da der Staat Träger der Deutschen Bahn ist, sei diese bei ihren Handlungen den Grundrechten verpflichtet.

Dr. Christian Ernst von der Bucerius Law School sieht das ähnlich. In einem Artikel auf verfassungsblog.de äußerte sich der Jurist kürzlich zur Situation am Hamburger Hauptbahnhof. „Der Staat kann privaten Stellen, deren alleiniger Träger er ist, nicht die Gewalt über einen öffentlichen Weg zuweisen, der dem Gemeingebrauch gewidmet ist, damit fortan privatautonome Bestimmungen regeln, was verboten und erlaubt ist“, sagt Ernst. Der Senat habe mit dem Vertrag den Versuch unternommen öffentliches Recht zu umgehen. Der Hachmannplatz ist jedoch weiterhin Eigentum der Stadt. Somit behalten öffentlich-rechtliche Regelungen ihre Gültigkeit. Kommt es zu einem Konkurrenzverhältnis zwischen privaten Bestimmungen, wie einer Hausordnung, und dem öffentlichen Recht, hat das letztere den Vorrang. Dr. Christian Ernst sieht daher die Hausordnung der Bahn auf dem Hachmannplatz als nicht gültig an. „Mit einer öffentlich-rechtlichen Betrachtung, die allein maßgeblich sein muss, lässt sich das Vertreiben von Obdachlosen, Bettlern oder Trinkern aus dem öffentlichen Raum wegen Verstoßes gegen eine privatrechtliche Hausordnung angesichts der betroffenen Rechtsgüter nicht halten“, sagt der Jurist. „Zumal auch Trinken, Betteln oder einfach nur Sitzen grundrechtlich geschützt sind“, so Ernst weiter.

Der Senat gibt zwar als Antwort auf eine kleine Anfrage an, dass die Hausordnung keine Aufenthaltsrechte verändere sondern lediglich Verhaltensanforderungen stelle, dies ist nach Ansicht von Dr. Christian Ernst jedoch nicht zutreffend, da die Hausordnung klar Hausverbot und Hausverweis als Folge von Verstößen androht.

Die Kritik der Verfassungsrechtsexperten alleine wird jedoch nicht ausreichen, um die aktuelle Situation am Hachmannplatz zu verändern. Hierzu wird ein Gerichtsurteil notwendig sein. Ob derzeit bereits eine Klage vorliegt ist nicht bekannt. Es ist davon auszugehen, dass eine Klage gegen das Vorgehen von Senat und Bahn bis zum Bundesverfassungsgericht getragen werden müsste, um eine endgültige Entscheidung herbeizuführen. Dieser Prozess würde einige Zeit in Anspruch nehmen. Schnellere Veränderungen könnte nur ein Einlenken des Senats bewirken. Es bleibt abzuwarten, ob die anhaltenden Proteste hierzu beitragen können.

Kommentare anzeigen (4)

4 Kommentare

  1. jph

    26. Februar 2013 at 09:30

    Ich frage mich, ob ich irgendeinen gesellschaftlichen Konsens verpasst habe.

    Ich denke immer noch, dass es nicht die Hauptaufgabe eines stark genutzten Verkehrsknotenpunktes wie dem Hamburger Hauptbahnhofe ist, Obdachlosenasyl zu sein.

    Sollte sich dies geändert haben setze ich mich gerne dafür ein, in der Wandelhalle Etagenbetten aufzustellen. Man sollte dann auch Partner aus der Wirtschaft motivieren dort einen Getränkemarkt zu eröffnen.

    Bisweilen aber finde ich es wichtiger die Anzahl der Plätze für Obdachlose in Hamburg zu erhöhen. Dafür eignen sich speziell die sogenannten „Szeneviertel“, da diese Plätze sich dort vermutlich positiv auf die Mietpreissteigerungen auswirken würden.

    • Erich Heeder

      26. Februar 2013 at 18:29

      Ich bin jetzt seit fast 20 Jahre bei HINZ&KUNZT als Verkäufer, und ich habe 1999 über die Mißstände am Hauptbahnhof berichtet, mit Hilfe von HINZ&KUNZT !! Dann muß das wohl alles rechtswiedrig gewesen sein, was damals wegen den Obdachlosen dort gemacht wurde !! Oder sehe ich das falsch ?? Denn das war der Anfang, und der hachmannplatz muß jetzt das Ende sein !! Denn unsere so gute Stadt, hat es versäumt, für diese Menschen das zu tun, was nötig ist !! Wohnungen können helfen, Zimmer können helfen, aber die allein sind keine Hilfe, sie sind nur ein Anfang !! Alle die sich in dieser Stadt verloren haben, müssen wieder aufgefangen werden !! Dieses Auffangen fehlt in dieser Stadt !! Keine Stelle ist für solche Menschen da, die diese menschen auffangen, und sie psychologisch wie sozial so lange begleiten, bis sie ihr Leben selbst gestalten können !! Wir können diese Stadt das Tag für Tag vor werfen,aber sie werden Antworten, das sie doch alles mögliche tun !! Machen ist eine Sache, sich um Menschen kümmern ist eine andere !! Also, muß sich diese Stadt endlich dem Problem an nehmen !!

      Erich Heeder HINZ&KUNZT – VERKÄUFER

    • Matthias

      26. Februar 2013 at 21:00

      Ja, du scheinst etwas verpasst zu haben.

      Es geht nicht um ein Obdachlosenasyl, wie es von dir dargestellt wird und auch nicht um die Wandelhalle! Es geht um den Hachmannplatz (Überdachter AUßENplatz & öffentlicher Raum) und um den Fußgängertunnel. Die Obdachlosen, Trinker, Bettler, Raucher etc. haben das Recht sich dort aufzuhalten. Gefällt es dir, wenn du dort in der Nase bohren würdest, die Bahn das aber gerade per Hausordnung verboten hat und dir somit ein Hausverbot erteilt?

      Dem letzten Absatz kann ich allerdings guten Gewissens zustimmen. :)

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