Seit wann gibt es den Hauptbahnhof? Wie wurde die eindrucksvolle Bahnsteighalle errichtet? Im zweiten Teil der Serie nehmen wir den meistfrequentierten Bahnhof Deutschlands unter die Lupe – den Hamburger Hauptbahnhof. Der Verkehrsknotenpunkt der Hansestadt ist diese Woche 106 Jahre alt geworden. Mit insgesamt acht Fernbahngleisen, vier S-Bahn- und sechs U-Bahn-Gleisen wird er von einem Großteil der Hamburger täglich angesteuert oder durchfahren.
Im 19. Jahrhundert war das anders – der Schienenverkehr hatte sich dezentral entwickelt und es gab verschiedene Verbindungsbahnen einzelner Bahngesellschaften, die ihren jeweils eigenen kleinen „Kopfbahnhof“ in der Innenstadt hatten. Um dies zu ändern wurde 1900 ein Architektenwettbewerb ausgeschrieben. Ganz zentral sollte ein eindrucksvoller Bahnhof entstehen, als optisches Aushängeschild der Stadt und Treffpunkt aller Linien. Es gewannen zwei Architekten aus Charlottenburg, gemeinsam mit Ernst Moeller von der Eisenbahndirektion Altona. Sie hatten einen Entwurf im Jugendstil ausgearbeitet, der Kaiser Wilhelm II aber erst nach eingehender Umarbeitung gefiel. Um der Stadt eine architektonische Einheit zu geben verlangte er etwas im Renaissancestil, wie das Hamburger Rathaus. Zum Baubeginn wurden 1902 für die tiefliegenden Gleise ganze sechs Meter Erde abgetragen.
Von der Grundsteinlegung ist uns ein humorvolles Gedicht mit 458 Versen erhalten geblieben. Darin heißt es über den Hauptbahnhof:
Neben Rathausbau und Frei-
Hafen sei er Num’ro drei;
Eine Augenweide
Wie das Zollgebäude
Und so stolz genau –
Wie der Rathausbau.
Wird in Hamburg was gemacht,
Geht’s hübsch sacht und bedacht,
ist es aber erst vollbracht,
steht’s auch da in Glanz und Pracht.
Für vier Jahre klaffte in der Innenstadt eine etwa 450 Meter lange Baugrube. Nachdem die unteren Bereiche fertiggestellt waren, ging es an die Montage der großen, freitragenden Bahnsteighalle. Sie wurde mit einem Portalkran montiert, der auch beim Schiffbau zum Einsatz kommt. Was nur von innen sichtbar ist: das Dach der Halle ruht auf Stahlfachwerk-Doppelbindern, die die Form von Schiffsspanten, also den rippenähnlichen Verstärkungsteilen des Schiffsrumpfes haben. Aus der großen Bahnsteighalle verlassen heute Züge nach Basel, Kopenhagen und sogar Budapest die Stadt. Ihre Spannweite beträgt 72,2 Meter, sie ist 150 Meter lang, 114 Meter breit und über 35 Meter hoch. Zur Einweihung des Hauptbahnhofs am 5. Dezember 1906 erschien unter anderem der Preußische Eisenbahnminister Paul von Breitenbach. Der Nordsteg über den Schienen trug bereits den Namen „Wandelhalle“ und schon damals ließen die ersten Reisenden hier ihre Blicke zur großen Uhr mit römischen Ziffern wandern. Heute liegt der Hamburger Hauptbahnhof auf Platz 34 der meistfrequentierten Bahnhöfe überhaupt und macht unsere Hansestadt mit zum „Tor zur Welt“.
Zur aktuellen Berichterstattung rund um den Hauptbahnhof:
Zehnjahresvertrag mit der Deutschen Bahn
Hauptbahnhof – Chronik eines Politikums
Polizeieinsatz am Hachmannplatz
Zum ersten Teil unserer Serie:
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