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Kommentar: Politikverschossen

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Dominik Brück
@dobrueck

| M.A. Politikwissenschaft | E-Mail: brueck@hh-mittendrin.de

Die Jugend von heute ist zu nichts mehr zu gebrauchen. Generation-Null-Bock wird sie genannt. Kein Interesse an aktuellen Themen haben junge Menschen. Der typische Jugendliche zwischen 16 und 25 Jahren ist Politikverdrossen. Die wenigsten in diesem Alter engagieren sich für etwas. Die meisten haben sowieso nur Saufen und dieses Internet im Kopf. Es ist an der Zeit deutlich zu sagen: Dieses Bild der Jugend von heute ist falsch.

Junge Menschen haben ein starkes Interesse an Politik und Gesellschaft. Jugendliche sind nicht Politikverdrossen, sie sind verschossen, ja geradezu verliebt in politisches Engagement. Im Vergleich zu der Generation ihrer Eltern sind die Kinder politischer denn je. Nur fehlt es der Mehrheit der Älteren an Verständnis. Die Art der Jugend Politik zu machen unterscheidet sich grundlegend von dem Politikverständnis der Elterngeneration. Dabei knüpfen junge Menschen heute wieder an die Tugenden der 68er Bewegung an und interpretieren diese in ihrem Sinne neu. Den Eltern, zu Zeit der Studentenproteste noch zu jung, ist dies fremd. Manchmal wirkt es für sie sogar bedrohlich.

Die politische Jugend 2.0 beteiligt sich nicht mehr in traditioneller Form an Politik. Lange Sitzungen in Parteigremien, Machgeplänkel um Mandate und endlose Reden alter Politikeliten, die es zu bejubeln gilt, sind nicht erstrebenswert für jungen Politikgestalter. Es ist nicht das politische Engagement, das abnimmt, sondern das Engagement in klassischen politischen Strukturen. Die lange Bindung an eine Partei, der mühsame Aufstieg in der Hierarchie, sind heute für die Mehrheit der Jugendlichen nicht mehr erstrebenswert. Junge Aktivisten schaffen sich ihre eigenen Räume für politisches Engagement. Dabei sind sie über Länder und Kontinente hinweg vernetzt. Die Arbeitslosigkeit spanischer Jugendlicher für sie ein drängenderes Thema, als die heimische Rentenpolitik. Das heißt nicht, dass jugendliche nicht wissen, was vor ihrer Haustür geschieht. Erkennen sie ein Problem, dann engagieren sie sich. Die derzeitige Kampagne gegen Wohnungsnot in Hamburg ist hierfür das beste Beispiel.

Nicht allein das politische Denken abseits traditioneller Strukturen ist anders. Auch die Formen des Engagements unterscheiden sich von denen ihrer Eltern. War es früher erstrebenswert in Parteien, Gewerkschaften und Vereinen aktiv zu sein, so suchen Jugendliche heute neue Ventile. Flashmob statt Podiumsdiskussion, Twitter statt Infostand, Tanzen statt debattieren, der Protest der Jugend ist kreativ und vielfältig. Das macht ihn nicht weniger effektiv, als traditionelle Politik. Die Jugend will etwas bewegen und das kann sie auch. Von Poesie auf dem Hansaplatz über Hausbesetzungen in Horn und St. Pauli bis hin zu Kunst und Dialog über die ägyptische Revolution, prägen und gestalten junge Menschen ihre Welt. Dabei lassen sie Grenzen und Schranken fallen, die für Ältere zur Grundlage ihres Politikverständnisses gehören. Vielen macht das Angst. Doch statt sich in Vorwürfe zu flüchten oder die Jugend zu kriminalisieren sollte man sie ihren eigenen Weg finden lassen. Nicht zuletzt sind die Jugendlichen von heute die Politiker von morgen.

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