In der Bezirksversammlung am Donnerstagabend äußerte sich Bezirksamtsleiter Andy Grote zu den aktuellen Entwicklungen zum Thema Hauptbahnhof. Tatsächlich konnten die Abgeordneten dies auch einige Stunden vor Beginn der Bezirksversammlung online beim Hamburger Abendblatt nachlesen. Grote präsentierte die Ergebnisse des Runden Tisches. Am Ende vieler Gespräche, die laut Grote seit über einem Jahr laufen, stehe nun ein Vertrag mit der Deutschen Bahn. Ab sofort habe die Deutsche Bahn nun die Möglichkeit auf dem Gelände unter den Vordächern eigene Verhaltensregeln durchzusetzen. Der Vertrag sieht eine Privatisierung der Flächen und damit eine Übergabe an die Deutsche Bahn für zehn Jahre vor. „Das Gelände dort bleibt dennoch öffentlicher Grund“, betont Grote. Durch Sondernutzungsrechte im Rahmen einer Neugestaltung sei es der Deutsche Bahn jedoch möglich, ebenso wie in der Wandelhalle, eine eigene Hausordnung durchzusetzen. „Für den normalen Fahrgast wird dieses Gelände ohnehin als Teil des Bahnhofs wahrgenommen“, sagt Grote weiter. Ziel sei es das äußere Erscheinungsbild am Hauptbahnhof zu verbessern. Dafür sind auch bauliche Maßnahmen in Planung. Darüber hinaus ist der Tunnel zwischen dem Glockengießerwall und der Spitalerstraße bereits seit Mittwochmorgen gesperrt. Die Unterführung soll zugeschüttet werden. In einer Pressemitteilung begründet die Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation dies damit, dass man „den Fußgängern nach Möglichkeit eine ebenerdige und angstfreie Querungsmöglichkeit“ anbieten wolle. Auch die Einrichtung eines Trinkerraumes stehe laut Grote weiterhin zur Debatte. Dies seien nur die ersten Schritte einer Neugestaltung des Hauptbahnhofes.
Christine Detamble-Voss (Die Linke) drückte Überraschung und Bestürzung über die „Nacht- und Nebelaktion“ aus. „Das Vorgehen zum Thema Hauptbahnhof ist intransparent“, sagt Detamble-Voss. Besonders kritisierte sie die sofortige Sperrung des Tunnels, bei der Knappheit an Schlafplätzen im Winternotprogramm. Auch Andreas Gerold (Piraten) zeigte sich überrauscht. „Ich fühle mich veräppelt“, sagt der Fraktionsvorsitzende Gerold. Dabei bezog sich Gerold insbesondere auf einen Antrag zum Hauptbahnhof in der letzten Bezirksversammlung (Zum Mittendrin Bericht). „Bereits in der letzten Versammlung haben die Piraten ihr Misstrauen gegenüber diesem Antrag deutlich gemacht, dies scheint sich nun zu bestätigen“, sagt Gerold weiter. Michael Osterburg (Grüne) kritisierte, dass die Bezirksversammlung vor vollendete Tatsachen gestellt wurde. „Darüber hinaus sind die Anmerkungen zur Verbesserung von Hilfsangeboten am Hauptbahnhof unkonkret und schwach“, so Osterburg. Auch Jörn Frommann (CDU) kritisierte die Intransparenz des Bezirks beim Umgang mit dem Runden Tisch und dem Vertrag. „Vor Ort muss mit ganzheitlichen Ansätzen gearbeitet werden und das auch mit der Beteiligung der gesamten Bezirksversammlung“, sagte Frommann. Auf die Kritik der anderen Fraktionen hin erklärte Grote, dass die Bezirksversammlung am Runden Tisch nicht federführend gewesen sei, sondern die Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation. „Es ist nicht möglich gewesen jeden Vertragsentwurf hier vorzustellen“, so Grote. Der Vertrag beruhe auf dem Entwurf des Runden Tisches an dem auch viele soziale Einrichtungen beteiligt gewesen sind.
Der Vertrag mit der Deutschen Bahn schlägt auch über die Bezirksversammlung hinaus Wellen im politischen Hamburg. Antje Möller, innenpolitische Sprecherin der Bürgerschaftsfraktion der Grünen betont, dass die Vorplätze am Hauptbahnhof öffentliche Flächen sind und nicht ohne weiteres privatisiert werden können. „Die Nutzung ist verfassungsmäßiges Recht für alle. Dieses Recht will der Senat nun umgehen, um Menschen aus dem Stadtbild verschwinden zu lassen“, sagt Möller. Die Hausordnung der Deutschen Bahn kann zukünftig beispielsweise Alkoholkonsum, Betteln und auch einen längeren Aufenthalt verbieten. Die Grünen verweisen darauf, dass auch die Deutsche Bahn zukünftig die individuellen Grundrechte aller Bahnhofsnutzerinnen und Nutzer zu achten habe. Dies bezieht sich insbesondere auf das „Fraport-Urteil“ des Bundesverfassungsgerichtes aus Februar 2011. Demnach stehen von der öffentlichen Hand beherrschte Unternehmen in der besonderen Pflicht der Gewährleistung der unmittelbaren Grundrechte. Aus Sicht der Grünen würde die Durchsetzung der Hausordnung der Deutschen Bahn eben diese Grundrechte einschränken. „Der SPD-Senat treibt die Verdrängung von Menschen voran, die soziale Hilfen brauchen“, sagt Möller weiter. Statt sozialer Verantwortung würden an dieser Stelle nun geschäftliche Interessen dominieren.
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