„Mittendrin dabei“: Hoffnungsort Herz As

Das Herz As-Team: links Andreas Bischke und in der Mitte - mit zwei Damen in den Armen - der beherzte Knut.
Stadtgespräch
Daniela Chmelik

Freie Autorin | Studium der russischen und deutschen Literaturwissenschaften

Das „Herz As“ in Hamburg-Mitte ist eine Tagesaufenthaltsstätte für Wohnungslose und bietet Überlebenshilfe, Kuchen, Kunst, Hoffnung und Fußball.

Im Aufenthaltsraum fällt einem sofort die beeindruckend große Pokalsammlung ins Auge: Das Fußballteam „Herz As Chaoten“ der Einrichtung bezeichnet sich selbst als „Die dritte Macht an der Elbe“. Regelmäßig spielt man gegen die Bürgerschaftsabgeordneten von den Rathauskickern. Die letzten drei Jahre haben die Chaoten nicht mehr verloren.

Andreas Bischke ist Trainer, Manager und war bis vor Kurzen auch Spieler der „Herz As Chaoten“. Gegen eine Auswahl des FC St. Pauli hat man mal glorreich 13:3 verloren, erinnert er sich amüsiert, während er durch die Tagesstätte führt. Die Leitung obliegt nämlich auch ihm. Der gelernte Sozialarbeiter Bischke organisiert, kommuniziert und akquiriert Spenden.

Dort helfen, wo das System versagt

Das Herz As sieht er als Erste-Hilfe-Kasten und als Seismographen, wo andere Hilfesysteme versagen. Die Gründung einer EU-Anlaufstelle für Osteuropäer, deren Arbeitsmigration scheiterte, hat seine Institution beeinflusst. Bischke reist auch schon mal nach Gdansk oder Bukarest, um zu schauen, wie Straßenarbeit dort funktioniert.

Übrigens...
Bei dem Straßenmagazin Hinz&Kunzt gibt es, geführt von Obdachlosen, alternative Stadtrundgänge durch ihre Hamburger City.

Außer Andreas Bischke arbeiten vier Sozialarbeiter fest im Herz As. Regelmäßig sind auch Seitenwechsler hier, also Manager, Banker und Führungskräfte, die sich für eine Woche in einen anderen Arbeitsbereich einfühlen. Für die Küche und die Kleiderausgabe gibt es keine Planstellen; stattdessen kümmern sich hier Ehrenamtliche von der Besucherschaft. Der beherzte Knut zum Beispiel, der beim Kartoffelschälen gerne mal pausiert, um besser plaudern zu können.

Hilfe mit Herz

Die Lebensmittel für die Herz As-Küche kommen von der Hamburger Tafel. Montag, Dienstag und Donnerstag gibt es mittags eine warme Mahlzeit. Freitags wird in Kooperation mit einer Backfirma Kuchen gebacken. „Der Duft durchströmt dann das ganze Haus“, schwärmt Knut.

Duschgel, Shampoo und Rasierschaum werden vom Hotel Airport und verschiedenen Kosmetikfirmen gespendet. Im Herz As gibt es vier Herren- und eine Frauendusche. Außerdem direkt am Eingang eine Dusche für Akute. 175 Besucher kommen täglich in die Aufenthaltsstätte, 41 verschiedene Nationalitäten, 10 Prozent Frauen. Sprachkurse und Gesprächskreise in Kooperation mit der Sprachbrücke gibt es mehrmals wöchentlich.

„Herz As bedeutet für mich: Menschen einen Raum zu schaffen, der ihnen Schutz und Geborgenheit bietet.“

„Im Herz As“, so schildert Andres Bischke, „gibt es zwei Bereiche. Zum einen die Grundversorgung, also Essen, Kleidung, Duschen, und zum anderen die Beratung, in deren Rahmen wir Hilfepläne erstellen. Von großer Wichtigkeit ist auch unsere Postannahmestelle.“

Der Verein Herz As wurde 1983 in einer Initiative von Stadtmission und den Hamburger Hauptkirchen gegründet. Die Tagesaufenthaltsstätte gibt es seit 1983, zunächst war sie  in einer ehemaligen Geschäftsstelle des Hamburger Abendblattes beherbergt, die der Verlag als Geschenk übergab. Seit 2004 verfügt das Herz As über neue, größere, freundliche Räume in der Norderstraße unweit des Hauptbahnhofes.

Pokalsammlung, Foto: HerzAS

Die glorreiche Pokalsammlung der Herz As Chaoten.

„Immer am Ball bleiben!“

Das Programm, das Andreas Bischke und seine Kollegen bieten ist so bunt und international wie die Besucher des Herz As: Raggae-Kuchen mit anschließendem Rebellion-Konzert im Molotow, Besuch der Veranstaltung „Political Bodies“ in der Theaterfabrik Kampnagel, polnisches Festessen unter dem Motto „Smacznego!“, Anfeuern des Lieblingsvereins am Millerntor oder Teilnahme an dem „Laut gegen Nazis“-Turnier. Für den Winter ist eine künstlerische Herz As-Ausstellung in der Jacobi-Kirche geplant. Vorher noch, im Spätsommer oder Frühherbst, wollen die Chaoten aber wieder einmal die Rathauskicker besiegen.

Andreas Bischke definiert abschließend: „Herz As bedeutet für mich: Menschen einen Raum zu schaffen, der ihnen Schutz und Geborgenheit bietet, damit sie gestärkt ihre Zukunft gestalten können. Ihnen dabei zur Seite zu stehen und sie nicht alleine lassen halte ich für wichtig, frei nach dem Motto: Immer am Ball bleiben!“

Daniela Chmelik stellt in ihrer Reihe „Mittendrin dabei“ den Sommer über engagierte Projekte vor, die innovativ und nachhaltig sind, Menschen vom Rand in die Mitte holen und Hamburg und die Welt besser machen.

Mehr zum Thema:

Mittendrin dabei: Die Medienboten – Besuch mit Buch

„Mittendrin dabei“: Konfetti im Kopf

„Mittendrin dabei“: Die Damen von der Kleiderei

Fotos: Herz As
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