St. Georg: Schwuler Buchladen „Männerschwarm“ schließt

Aus für den "Männerschwarm": St. Georgs Kultbuchladen schließt. Fotos: Svenja Napp
Stadtgespräch
Svenja Napp
@SvenjaNapp

Redakteurin für Kultur und Stadtgespräch. Studentin der Kulturwissenschaften.

„Männerschwarm“ ist Hamburgs einzige Buchhandlung, die sich ausschließlich an homosexuelle Kunden richtet. Zum 31. Januar schließt sie ihre Türen. Mittendrin hat Inhaber Hans-Jürgen Köster getroffen.

Hans-Jürgen Köster ist ein freundlicher, offener Mann. Tapfer lächelt er seinen Kunden im Kultbuchladen „Männerschwarm“ entgegen. Manch einer ist nur gekommen, um sein Bedauern zu bekunden. Denn zum 31. Januar wird der „Männerschwarm“ schließen. Einige haben schon vor Wochen davon erfahren, andere treten in den Laden und werden von den Hinweisschildern überrascht, die den Räumungsverkauf ankündigen.

Der „Männerschwarm“ in St. Georg ist ein Buchladen für Schwule und Lesben, der für einen selbstverständlichen und offenen Umgang mit Homosexualität steht, wie kein anderer. Er ist nicht versteckt in einer kleinen Nebenstraße, hat keine schweren Türen oder verdeckte Klingelschilder. Stattdessen haben sich Köster und sein Kollege Volker Wuttke mit ihrem Geschäft an der Langen Reihe in St. Georg niedergelassen.

Durch die große Glasfassade fällt das Licht in den Verkaufsraum. Immer wieder bleiben Passanten stehen und werfen einen Blick durch die Schaufenster. „Es ist ja nicht so, dass Homosexuelle sich überwinden müssen, in unseren Laden zu kommen“, sagt Köster. „Jeder kann schon von außen sehen, wer hier einkauft und das ist auch gut so.“

 

Im Jahre 1981 wurde die „Männerschwarm“ Buchhandlung von Dieter Telge und Henning Rademacher gegründet. Zunächst am Neuen Pferdemarkt in St. Pauli angesiedelt, zog das Geschäft 2002 an die Lange Reihe um. Hans-Jürgen Köster, der seit 1986 zu den Mitarbeitern gehört, übernahm mit dem Umzug die Geschäftsführung. Seit acht Jahren teilt er sich diese mit Volker Wuttke. Angefangen hat der „Männerschwarm“ als Buchhandlung nur für Schwule und Transsexuelle. Mit der Rubrik „Frauenschwarm“ konnten in den letzten Jahren auch lesbische Leserinnen gewonnen werden. Allerdings änderte auch dies nichts an den seit 2006 kontinuierlich sinkenden Umsätzen.

Umsatzeinbußen durch Internethandel

Köster scheint mit der Entscheidung, den „Männerschwarm“ zu schließen, im Reinen zu sein. „Das hat sich schon länger angekündigt“, sagt Köster. Wie viele andere Buchhandlungen auch, hat der „Männerschwarm“ mit dem Online-Versandhandel zu kämpfen. Zwar hat auch der Kultbuchladen einen Online-Shop, aber Global Player wie der US-Konzern Amazon sorgen seit Jahren für Umsatzeinbrüche bei den Buchhändlern.

Hinzu kommt ein gesellschaftlicher Aspekt. „In den 90er-Jahren gab es eine starke Bewegung für die Rechte von Homosexuellen. Die schuf eine große Öffentlichkeit und trug dazu bei, dass sich in Stadtteilen wie St. Georg eine gute Infrastruktur für Schwule und Lesben bilden konnte“, sagt Köster. Cafés, Beratungsstellen und Geschäfte speziell für Homosexuelle entstanden. Mit der Zeit seien das Engagement und die politische Aktivität in der Szene zurückgegangen. „Vieles wird mittlerweile als selbstverständlich angesehen“, so Köster. Diese Entwicklung bekomme auch der „Männerschwarm“ zu spüren. „Die hart erkämpfte Infrastruktur sollte weiter gefördert werden.“

Was vom „Männerschwarm“ bleibt, ist der gleichnamige Verlag. Joachim Bartholomae und Detlef Grumbach führen diesen seit 1992 und sind ambitioniert, das Geschäft weiter voranzutreiben. So bleibt doch noch ein kleines Stück des Kultbuchladens aus St. Georg erhalten.

Mitarbeit: Marvin Mertens

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