100 Jahre – so lange leben die meisten Menschen nicht. Der Stadtpark feiert dieses Jahr seinen 100. Geburtstag und hat in seinen zehn Lebensdekaden viel erlebt.
Entstanden ist der Hamburger Stadtpark als Reaktion auf die Industrialisierung im 19. Jahrhundert. Viele Grünflächen inmitten der Stadt waren aufgrund des hohen Bevölkerungswachstum bebaut worden. Gerade ärmere Arbeiterfamilien lebten auf engsten Raum zusammen. Daher beschlossen Senat und Bürgerschaft 1901 als natürlichen uns seelischen Ausgleich den Ankauf des sogenannten Sierichschen Gehölzes und angrenzender Flächen und deren Ausbau zu einem Stadtpark. Es war der Anfang eines zähen Ringen um seine Gestalt hinsichtlich Architektur, Grünanlagen, Kunst und Kultur. Die Ausstellung „Park Pioniere“ im Museum für Hamburgische Geschichte zeigt Bilder, Tonaufnahmen und Exponate, die die Entstehung der Parks inmitten der Stadt prägten.
Die Stadtparkrennen Hamburgs – Eine Ära für sich
Er war außerdem Schauplatz der legendären Hamburger Stadtparkrennen, bei denen die Fahrer von Motorräder und Gespannen gegeneinander antraten. 1934 wurde es erstmals als Meisterschaftsrennen vor 80.000 Zuschauern ausgetragen – wie es sich für Hamburg ziemt bei Regen im Matsch. Bis zu 111km/h brachten die Maschinen im Durchschnitt auf den Tacho. Bis 1939 gab drei Rennen, dann erst wieder nach dem Krieg, im Jahr 1947. Ein tragisches Ereignis beendete diese Ära: Bei dem Stadtparkrennen von 1952 gab es drei Tote und mehrere Verletzte, nachdem ein Motorradfahrer samt seiner Maschine aus der ersten Kurve ins Publikum geschleudert wurde. Bürgermeister Max Brauer verbot daraufhin die Rennen.
Auch Klaus (67) erinnert sich an diese Zeit. Er war als kleiner Junge dort gewesen: „Ein Highlight“, sagt er heute. Seine Frau kam als Jugendliche dagegen nicht oft in den Stadtpark. Ihre Familie wohnte in Harburg – ohne S-Bahn-Anbindung war die Fahrt in die Hansestadt damals ein Tagesausflug.
Zu den Siegern der Rennen 1950 und 1952 gehörte Herbert Schmidt. Vor allem an das letzte Rennen erinnert er sich noch gut: „Mein eigenes Motorrad war kaputt“, erzählte er bei der Eröffnung der Ausstellung „Park Pioniere“. Sein Freund Hans Joachim Klotz konnte nicht mit ansehen, wie Schmidt als gebürtiger Hamburger deshalb vom Rennen ausgeschlossen war und lieh ihm kurzerhand seine Maschine – eine NSU Marke Eigenbau: „Ich habe mich sofort wohl drauf gefühlt“, erinnert sich Schmidt. Heute wird er zu den jährlich stattfindenden Old-Timer-Rennen eingeladen, die Stadtpark-Revival, die an diese Ära erinnern. Schmidts ganze Geschichte gibt es als Videofilm bei „Park Pioniere“ zu sehen.
1. Mai-Feierlichkeiten und die Zeugen Jehovas im Stadtpark
Fragt man die älteren Besucher der Ausstellung „Park Pioniere“ nach weiteren Erinnerungen, bekommt man auch das Stichwort „Maikundgebungen“ zu hören. Besonders der 1. Mai 1954 dürfte den Stadtpark damals ins Staunen versetzt haben. Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) forderte bei den Mai-Feierlichkeiten die Einführung der Fünf-Tage-Woche und eine Wochenarbeitszeit von 40 Stunden. Im Stadtpark kamen an diesem Tag 140.000 Menschen auf der Festwiese zusammen. Der erste Mai fiel im Jahr 1954 auf einen Samstag, was gut zu den Forderungen der ArbeiterInnen passte. Denn normalerweise wurde am Samstag gearbeitet. Erst ab 1956 wurde die Fünf-Tage-Woche schrittweise in Deutschland realisiert.
Bei der Ausstellung „Park Pioniere“ finde man neben Portraits von Architekten und Künstlern auch das Foto einer Luftaufnahme des Hamburg Polizeiarchivs. Es zeigt eine große Ansammlung von Menschen im Park. Wir sind im Jahr 1961 angelangt. In den Zeitungsarchiven von „Zeit“ und „Spiegel“ findet man folgende Berichterstattung dazu: 80.000 Angehörige der Religionsgemeinschaft „Zeugen Jehovas“ trafen sich hier vom 18. bis 21. Juli zu einem internationalen Kongress. 12.000 Blumen wurden auf der Festwiese gepflanzt. Vor der Attrappe einer „Königsburg“ mit zwei Türmen sprechen der internationale und der deutsche Chef der Zeugen Jehovas im strömenden Regen zu ihren Anhängern. Weitere Großereignisse mit über 100.000 Besuchern gab es auf der Festwiese auch schon 1953, nämlich das Deutsche Turn- und Sportfest und der Evangelische Kirchentag.
Das war ein kleiner Ausschnitt vergangener Tage. Und heute? Heute ist der Park unter anderem bekannt für seine Konzerte sowie das Planetarium, das schon seit 1930 in Betrieb ist, und besticht immer noch durch seine Größe. Man trifft im Stadtpark auf Spaziergänger, Jogger, Jugger-Spieler, Drachensteiger, Grillmeister, manchmal leider auch etwas Müll, Familien, Jugendliche und verliebte Paare wie Malin und David: „So ein riesiger Park mitten in der Stadt und man bekommt einfach nichts vom Stadttrubel mit. Das ist doch klasse!“, finden sie. Mit ihrem kleinen Kind kommen die beiden umso lieber hier her. Anlässlich des 100. Jahrestages gibt es außer eine Menge Aktionen im Park. Einen Überblick dazu gibt es hier.
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