48 Stunden, 150 Bands, 80 Locations und Musik von A bis Z – das war 48h Wilhelmsburg. Wir waren am Wochenende auf den Elbinseln unterwegs, um uns vielseitig beschallen zu lassen.
Veröffentlicht am 16. Juni 2014
Es war ein Spektakel, wieder einmal. Beim fünften Durchgang von 48h Wilhelmsburg spielten von Freitag bis Sonntag mehr als 150 Acts an mehr als 80 Orten in Wilhelmsburg und auf der Veddel. Bei so einem Umfang war es unmöglich für uns, jedes Konzert zu besuchen, jede Gruppe zu sehen, jede Band zu hören. Trotzdem waren wir am Wochenende auf den Elbinseln unterwegs, um Eindrücke zu sammeln und musikalische Leckerbissen zu erhaschen.
Gelungen ist das schon am Freitagabend im Veddeler Kulturdeich. Dort eröffneten spät, erst gegen 23.30 Uhr, Niemand den Konzertabend. Die drei jungen Männer von der Veddel präsentierten zwischen älteren Songs erstmals auch die neuen Stücke, die sie auf ihrer frisch gepressten CD zusammengefasst haben. Experimentell mit teils drückenden, teil leichten elektronischen Beats, verzerrtem Gesang und verzerrter Gitarre – so lässt sich der Sound des Trios Niemand beschreiben, der große Teile des Publikums zum Tanzen brachte. Dazu eine Bühnenshow mit Clownsgesicht, Maske und Konfetti ohne Ende, ein gelungener 48h-Wilhelmsburg-Auftakt.
Kanal und Liebe war das Motto am Sonnabend bei den Wilhelmsburger Zinnwerken am Veringhof. Auf der Kanalseite gab es hier am Abend House und Minimal auf die Ohren. Wer nicht auf die Outdoor-Tanzfläche wollte, konnte den Abend auch direkt am Veringkanal entspannt ausklingen lassen. Auf einem Fernseher im Innenhof gabs außerdem die WM-Spiele zu sehen. Viele Partygäste waren schon den ganzen Tag bei 48h Wilhelmsburg unterwegs. „Wir waren erst auf dem Flohmarkt und haben dann am Deich Sonne und Musik genossen“, sagt Wilhelmsburgerin Hannah am Abend am Kanal und freut sich über die offene und lockere Partystimmung auf der Elbinsel. Einziger Kritikpunkt: „Leider konnte ich keine öffentlichen Toiletten entdecken, das hätte man vielleicht besser organisieren können“, sagt sie.
Wer sich von einem kleinen Fußweg nicht abhalten ließ, der konnte in der Nacht im Hafenmuseum auf der Veddel nicht nur Balkan- und Gypsy-Elektro, sondern auch eine ganz besondere Location erleben. Zwischen alten Hafenfahrzeugen, Containern und den zahlreichen Ausstellungsstücken des Museums legten die DJs bis in die Morgenstunden auf. Wer so lange durchhielt, wurde mit einem erstklassigen Sonnenaufgang über den Elbinseln belohnt.
Auf dem Dach des Parkhauses am Veddeler S-Bahnhof ging es am Sonntagnachmittag psychedelisch zu. Die Band EAR spielte bei strahlendem Sonnenschein minutenlange, treibende Shoegaze-Stücke. Location und Musik passten perfekt zusammen, wie an der entspannten Stimmung des bunt durchmischten Publikums zu merken war. Die ausufernden Songs mit langen, sich langsam aufbauenden Instrumental-Parts hatten wohl kaum woanders als auf dem Parkdeck so geklungen.
Der Auftritt von Havarii auf dem Wilhelmsburger Energiebunker bildete für uns den Abschluss des diesjährigen 48h-Wilhelmsburg. Die vierköpfige Band um die Bassspielende Sängerin Mareike lieferte vor großartiger Kulisse eine energiegeladene Show ab. Ob ruhig und melancholisch oder wütend und kraftvoll, der deutschsprachige, emotionale Post-Punk von Havarii kann beides. Am besten beschreibt die Band ihren Sound selbst: „Vier junge Menschen aus Hamburg, gestrandet in der Bucht, die man „Scheißleben“ nennt. Sie heben die Faust und schreien: ‚Fuck you! Dann wird es eben heftig‘ – und so klingt Havarii.“ Einziger Wehrmutstropfen: Die Band verwehrte dem begeisterten Publikum auf der Terasse der Energiebunkers in 30 Metern Höhe eine Zugabe mit Blick auf den Hafen und die langsam untergehende Sonne. Dennoch war der Auftritt der Wilhelmsburger Band ein ganz besonderes 48h-Wilhelmsburg-Konzert und macht Lust auf mehr. Auf mehr Havarii aber vor allem auf 48h-Wilhelmsburg 2015. Weiter so.
Weitere Eindrücke vom Festival-Wochenende auf den Elbinseln findet ihr auch hier in unserer Bildergalerie.
Fotos: Marvin Mertens
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