Behemoth, Abbath, Entombed A.D.: Reife Kehlen keifen gut

Fotos: Justus Ledig
Musik
Justus Ledig

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Mehrere Schwergewichte der internationalen Extreme-Metal-Szene ließen die Markthalle erzittern. Justus Ledig genoss das vielfältige Schauspiel.

Keine ganz kleinen Namen, die an diesem Dienstagabend am Klosterwall aufspielen: Behemoth, die wohl berühmt-berüchtigtste Metal-Band Polens, hat sich Unterstützung von niemand Geringerem als Abbath geholt. Der Norweger hat vor einem knappen Jahr die Black-Metal-Legende Immortal verlassen und ist nun auf Solo-Pfaden unterwegs. Und dann sind da noch Entombed A.D., ein echtes Brett aus Schweden, das mal nur Entombed hieß und Death Metal mit Rock’n’Roll verbindet. Die zweiköpfigen Inquisition spielen zu früh, um hier Beachtung zu finden.

Die Markthalle ist sackenvoll – beim Anstehen an der Garderobe ist zu hören, wie die allerletzten Tickets weggehen. Einige Fans haben sich gar die schwarzweiße Gesichtsbemalung ihrer Helden für diesen Abend aufgelegt. Die Altersstruktur ist für ein Konzert mit entsprechendem Brutalitätsgrad nicht unüblich: Mitte Zwanzig dürften die Besucher im Schnitt sein.

Auf geht’s ins Geballer

Nicht nur im Foyer stapeln sich förmlich die Menschen. Entombed A.D. können auch im großen Saal auf jede Menge Knüppelfreunde blicken. Die Schweden produzieren einen herrlich asozialen Sound, der vulgär und dennoch auf seine Weise filigran klingt. Auch wenn die Veteranen etwas in die Jahre gekommen sind und Sänger LG Petrov in seinen teilweise deutschen Ansagen meint, vor knapp zwanzig Jahren das letzte Mal in der Markthalle gewesen zu sein: Energie fehlt dem Spektakel keineswegs. Und so schüttelt der Frontmann seine verbliebenen Haare, während die weiteren Bandmitglieder mit schlichter, aber überzeugender Show am Start sind.

Hamburg Mittendrin Entombed A.D. Februar 2016

Die Markthalle wird im Laufe des Gigs spürbar heißer, sowohl von den Temperaturen als auch von der Stimmung her. Den obligatorischen letzten Song “Left Hand Path” begleiten etliche gereckte (linke) Fäuste. Wer jetzt noch nicht auf Betriebstemperatur ist, hat etwas falsch gemacht.

Ein entrückter Rockstar

Es dauert anschließend nicht lange, und die Bühne versinkt im Nebel. Abbath ist wieder da! Der stets grimmig geschminkte Nordmann ist mit seiner Band gekommen, um Frost in die Markthalle zu tragen – zumindest atmosphärisch. Das geschieht wie folgt: Die bunte Mischung aus neuen Solo-Songs, die dreckig rocken, und den Klassikern seiner Ex-Band Immortal mit fiesem Black-Metal-Sound wird von eigenartig farbenfrohem Licht umhüllt. Es fällt auf, dass langsame Nummern spürbar schneller als auf Platte und dabei etwas unsauber gespielt werden. Leidet das Schlagzeugspiel des Live-Drummers etwa unter seiner Maske? Für die meistens Fans fällt das alles jedoch wenig ins Gewicht. Spürbar ist, wie die Begeisterung während Immortal-Nummern zunimmt. Metaller fressen halt am liebsten, was sie kennen.

Hamburg Mittendrin Abbath Februar 2016

Mit seinem verstörenden Charme verhext der klassisch bemalte Frontmann ohne Zweifel die Markthalle. Bemerkenswert, wie Abbath zwischen Weltabgewandheit und Rockstar-Attitüde pendelt. Es braucht keine weiteren Showeinlagen, der fiese Pandabär mit seiner sägenden Stimme ist Inszenierung genug. Gut eine Stunde lang beglückt uns das Quartett.

Das pure Böse und der Hass

Während sich Abbath mit seiner Band den Autogramme und Fotos jagenden Fans im Foyer stellt, legen Behemoth bereits los. Teufel auch, was für ein höllisch gutes Gesamtbild! Die Polen haben nicht gespart, was die Bühnenausstattung angeht. Düster geschminkte Musiker, kunstvoll gestaltete Mikrofonständer, Feuer brennen, präzises Licht unterstreicht die finstere Atmosphäre – die Inszenierung ist nahe an der Perfektion. Man merkt förmlich, dass da jemand den Beruf des Museumskurators erlernt hat. Und dazu stimmt auch noch der Sound. Besonders gefallen hier die hasserfüllten Gesänge aus mehreren Kehlen gleichzeitig.

Hamburg Mittendrin Behemoth 2 Februar 2016

Allen voran Frontmann Nergal macht den Behemoth-Auftritt zu einem okkulten Zirkus der Extraklasse. Sicherlich braucht es bei dem Styling nicht mehr viel Mimik, doch auch die wütende Gestik des erst vor wenigen Jahren von der Leukämie Geheilten transportiert den extremen Metal zwischen Death und Black perfekt. Und ständig ändert sich das Bühnenbild: Gehörnte Masken sind ebenso Bestandteil der Show wie schwarzes Konfetti (!), das von der Decke rieselt. Das Markthallenpublikum steht allerdings nicht staunend da, sondern lässt die Haare wehen und feiert Behemoth während ihrer knapp anderthalbstündigen Spielzeit gebührend ab. Selbst wer – wie unsereins – mit den Songs der Band auf Platte nicht viel anfangen kann, dürfte hochgradig beeindruckt sein.

Und so gibt es an diesem Abend wohl kaum jemanden, der nicht zufrieden nach Hause geht. Entombed A.D., Abbath und Behemoth unterstrichen in ganz unterschiedlicher Art und Weise, warum sie zurecht einen solchen Status im Extreme Metal innehaben. Höchstens darf infrage gestellt werden, ob man insgesamt vier Bands an einem Dienstagabend auf die Bretter schicken muss – und die Heizung darf in einem ausverkauften Saal auch gern aus bleiben.

Fotos: Justus Ledig
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