Valeska Steiner und Sonja Glass, kurz „BOY“ aus Hamburg, veröffentlichen mit „We were here“ ihr zweites Studioalbum. Marthe Ruddat hat die beiden auf zwei Bier getroffen und darüber gesprochen, welche Platten die Musikerinnen besonders beeinflusst haben.
Manche Begegnungen sind schicksalhaft. So auch die von Valeska Steiner und Sonja Glass an der Musikhochschule in Hamburg. Sie gründen BOY und erreichen mit ihrem Debut Mutual Friends 2011 Goldstatus. Im selben Jahr wird ihr Song „Little Numbers“ durch seine zahlreiche Verwendung in der Werbung zum Ohrwurm. Nun ist mit „We were here“ das lang ersehnte zweite Studioalbum der Wahl-Hamburgerinnen erschienen. Mit ihrer Musik treffen BOY bei HörerInnen weltweit einen Nerv. Welche Alben bei den Beiden einen bleibenden Eindruck hinterlassen haben, erzählen sie im Interview.
Marthe: Eure eigene Musik ist, besonders durch die Texte, sehr ausdrucksstark und bedeutungsvoll. Genießt ihr in entspannten Momenten auch gerne mal Musik ohne große Inhalte?
Valeska: Viele sagen ja, dass sie bei Musik auf das Gesamtpaket achten und die Texte nicht so wichtig sind. Das ist bei mir absolut nicht der Fall. Wenn ich etwas beim ersten Hören cool finde, mir beim zweiten Hören aber auffällt, dass ich die Texte nicht mag, dann mag ich das ganze Lied einfach nicht mehr. Anders ist es, wenn die Texte rätselhaft sind, wie zum Beispiel bei Bon Iver. Das wiederum finde ich sehr reizvoll.
Sonja und Valeska kannten „2 Bier, 1 Platte vor unserem Treffen nicht. Jetzt überlegen sie fieberhaft, von welcher Platte sie gemeinsam erzählen möchten.
Sonja: Mensch, ich hätte das so gerne vorher gewusst! Das ist ja ein tolles Thema!
Valeska: Ja, ich hätte mir gerne vorher was überlegt. Das ist gerade wirklich schwierig. Ich möchte ja auch was über die Texte erzählen können. Ich bin gerade auch so müde.
Am Abend zuvor gaben BOY ein exklusives Konzert, um ihr neues Album zu präsentieren. Ich kann die Müdigkeit gut nachvollziehen.
Wenn nun jede von euch ein eigenes, für sie prägendes Album wählen könnte, welche wären das?
Valeska: Es gibt eine Platte, die für mich besonders wichtig war: A Few Small Repairs von Shawn Colvin. Ich habe sie von einem befreundeten Musiker geschenkt bekommen, als ich ungefähr sechzehn war. Die Musik ist so eine Art Country oder amerikanischer Folk. Shawn Colvin hat mir einfach die Welt der Singer und Songwriter eröffnet. Sie schreibt Texte, die ganze Geschichten erzählen.
Nach ihrer Zusammenarbeit mit Tracy Chapman und Suzanne Vega begann Shwan Colvin Ende der Achtziger mit der Veröffentlichung eigener Alben. A Few Small Repairs war ihr erster großer Erfolg. Für die darauf enthaltene Single Sunny Came Home erhielt sie 1998 zwei Grammys.
Deine Teenagerzeit ist nun ja schon einige Zeit vergangen. Hörst du die Platte heute noch?
Valeska: Nein, eher nicht. Aber damals war sie eine Art Erleuchtung für mich. Ich war damals auf einer Gesangsschule. Da war es üblich, Songs von Christina Aguilera und Whitney Houston zu singen. Es ging vor allem darum, besonders beeindruckend zu singen. Und dann war da plötzlich Shawn Colvin mit ihrer Musik, in der es um die Texte ging und darum, mit dem Singen eine Botschaft zu vermitteln. Das hat mich damals sehr beeindruckt. Heute ist sie wegen des Musikstils einfach nicht mehr so interessant für mich. Vielleicht höre ich sie ja wieder etwas öfter, wenn ich älter bin.
Sonja: Ich kenne die Platte ja gar nicht. Eigentlich müsste ich sie mir mal anhören! Ich muss ja wissen wo Du herkommst!
Valeska: Ja! Ich wäre total gespannt ob sie dir gefällt. Unsere eigene Musik ist sehr weit weg von dem, was Shawn Colvin macht. Aber die Texte sind wirklich gut! Du musst sie unbedingt mal hören!
Sonja: Für mich ist die Alphabetical von Phoenix eine ganz wichtige Platte. Aber die haben Dir wahrscheinlich schon viele genannt.
Nein, noch niemand!
Sonja: Echt nicht? Also bei mir ist die total eingeschlagen. Unser jetziger Produzent hat sie mir gezeigt. Damals war er noch gar nicht unser Produzent, zu der Zeit kannte ich Valeska auch noch gar nicht. Ich war mit Philipp Steinke mit einer anderen Band auf Tour. Irgendwann kam er mit der Platte in der Hand in den Tourbus und sagte: „Ich hab mir gerade eine coole Platte gekauft! Die musst Du Dir anhören!“ Ich war sofort völlig beeindruckt. Irgendwie war die Alphabetical etwas total Neues. Sie verbreitet so eine positive Energie und ist gleichzeitig so wild. Es fällt mir schwer das genau zu beschreiben, ich finde sie einfach wahnsinnig gut.
Das sehen viele andere ähnlich, und so wurden auch Phoenix schon mit einem Grammy ausgezeichnet. Die französische Band steuert hin und wieder Songs zu den Filmen von Sofia Coppola bei und trat in selbigen schon als Hofband auf. Ihr bisher letztes Album Bankrupt erschien 2013.
Verbindest du die Platte seither mit dem Unterwegssein oder kannst du sie in jeder Stimmung hören?
Sonja: Die kann man wirklich immer hören. Auf Partys, unterwegs, überall! Immer wenn ich irgendwo bin und sie zufällig läuft freue ich mich sehr. Sie ist einfach ein all-time-favourite.
Stell dir vor, ich würde Phoenix nicht kennen…
Valeska: Was (mit fünf a)? Also dann hast du was vor dir! Die sind wirklich so gut!
Sonja: Also eigentlich kann man das Gleiche auch über das vierte Album sagen. Wolfgang Amadeus Phoenix. Hör sie dir bitte unbedingt an!
Erledigt! Ich kann diese Empfehlung nur weiter geben…Habt ihr schon einmal darüber nachgedacht einen Song von Shawn Colvin oder Phoenix zu covern?
Valeska: Also bei mir ist das eher so: Wenn ich Musik höre, dann höre ich sie tatsächlich als Hörerin. Ich habe dann nicht den Gedanken, dass ich selber Musikerin bin und etwas dazu beitragen möchte.
Sonja: Ich glaube, vor denen, die man am Tollsten findet, hat man wahrscheinlich auch am meisten Respekt. Ich glaube ich hätte da auch eher Schiss.
Ihr covert aber manchmal Lonely Boy von The Black Keys. Das macht Ihr doch nicht nur wegen des Wortspiels?
Sonja: Also das ist höchstens ein lustiger Nebeneffekt. Wir haben zwei längere Touren durch die USA gemacht. Wenn man da die Radiostationen besucht, wird sich neben den eigenen Songs meist auch ein Cover gewünscht. Das hat da irgendwie Tradition. So haben wir angefangen Lonely Boy zu covern. Wir finden den Song einfach super, deshalb spielen wir ihn auch auf manchen Konzerten.
Dieses Interview wurde zuerst veröffentlicht bei den freitagsmedien, dort findet ihr auch die bisherigen „2 Bier, 1 Platte“ Gespräche.
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