„Mittendrin dabei“: Seid Internett zueinander!

Stadtgespräch
Daniela Chmelik

Freie Autorin | Studium der russischen und deutschen Literaturwissenschaften

Do Me A Favour – Tu mir einen Gefallen – heißt eine App, die Menschen dafür begeistert sich gegenseitig zu helfen. Gefällt mir!

Till Tolkemitt, der mit seinem Verleger-Kollegen Axel Sven Springer zusammen die superlativ-symphatische Idee zu dieser App hatte, ist ein ultrasymphatischer Mitvierziger aus Hamburg. Hier hat er Philosophie und Ökonomie studiert, in der ersten Internetwelle sein erstes Start Up gegründet und hier in der Nähe – Heiligenhafen Binnensee – hat er Surfen gelernt. Mittlerweile lebt er in Berlin, kommt aber regelmäßig in seine Heimatstadt Hamburg, um seinen Sohn zu besuchen, mit ihm Fußball zu gucken und dem HSV zuzugröhlen, gediegend im Kontorhausviertel Galerien zu visitieren und abends mit Rocko Schamoni im Golden Pudel zu feiern. Ein toller Mann, der Tolkemitt, und gut talken kann er sowieso.

So ist nicht verwunderlich, dass das Netzwerk der netten Leute DoMeAFavour aus auch seinem kreativen Kopf kommt. „Helfen macht glücklich“ lautet die Devise, und Tills App hilft beim Helfen, sprich: beim Glücklichwerden. „Es liegt viel Gutes in den Menschen. Wir bieten mit unserer App die Technologie zu einer einfachen Umsetzung“, beschreibt Till Tolkemitt und ruft auf: „Vernetzt euch mit Nachbarn, helft einander und macht euer Viertel zu einem noch schöneren Ort.“

DoMeAFavour, Bild: AS Berlin Applications GmbH

Alleine die Gesuche und Gebote durchzusehen, lässt das Herz aufgehen: Da will jemand auch bei Wind und Regen mit jemandes Hund (am liebsten Mops) ausgehen. Andere freundliche Menschen bieten an Fernseher zu programmieren oder Computer zu reparieren. Benötigt werden Boule-Partner oder Hilfe beim Bremsen-Üben auf Inlineskates. Hier bietet jemand Hasen-, dort jemand Blumenbetreuung; jemand mit handwerklichem Geschick hilft beim Möbelaufbauen, auf dass Ungeschickte sich nicht wieder alle Daumen blau und schwarz hauen.

Auf Do Me A Favour findet und sucht man oder frau Ratschläge für die vegane Küche, Tipps zur Beseitigung von Katzenhaaren, bekommt Hindi oder Schwedischunterricht angeboten, ein Tonstudio und auch Hühner-Erfahrungsaustausch. Jemand verschenkt Kochtöpfe, jemand anderes selbstgeschriebene Gedichte. Jemand erfragt, ob jemand Erfahrungen mit Reisen in den Iran hat. Jemand möchte gerne mal in einem Porsche mitfahren – und bekommt seinen Wunsch über Do Me A Favour erfüllt. Wer leiht mir eine Eis- oder Bohrmaschine, ein Megafon, einen Campingkocher, ein Zelt, einen Dörrofen? Hier! Wer trägt mein Klavier in Etage Vier?

Fünf Herzen für einen Gefallen

Angebote und Gesuche durchsehen läuft ohne Registrierung. Aber ohnehin ist man schon beim Durchsehen derart begeistert, dass man gleich mitmischen möchte. Die App ist bunt, hübsch, praktisch. Für alle, deren Deutsch nicht ausreicht, gibt es ein Übersetzungstool und ab Oktober die komplette App auch in Englisch; Arabisch ist in Planung. Aktuell arbeitet Till Tolkemitt in Kooperation mit Flüchtlingsorganisationen daran, die App für Flüchtlinge nutzbar zu machen.

Großartigerweise erfüllen Till Tolkemitt und Axel Sven Springer auch schon mal selbst Gefallen ihrer Nutzer. So hat Till zuletzt einen Fahrradreifen geflickt; andersrum hat ihm neulich ein London-Reisender einen Adapter für sein in einem Kapstadturlaub erstandenes Smoothiegerät mitgebracht.

Übrigens...
Vom Prinzip her ähnlich – allerdings weniger digital – funktioniert das Hamburger „Netzwerk Nachbarschaft“. Im Unterschied zur App können sich hier Interessenten ohne Internetzugang auch über den Postweg anmelden.

Unter dem Motto „Eims hilft Büttel“ wurde die App dieses Frühjahr in Hamburg getestet und anschließend in Berlin, wo nun Kreuz Berg und Friedrich Hain hilft. Prompt wurde die App für den Best Mobile Award 2015 nominiert und schaffte es ins Finale. Es gibt auch bereits Anfragen aus dem Ausland, das Konzept zu übernehmen. Till Tolkemitt und Axel Springer sind aufgeschlossen, gerne wollen sie ihre App grenzenübergreifend machen und Wünsche weltweit beantworten. In Hamburg hilft mittlerweile nicht nur Eims Büttel, sondern viele Menschen helfen einander – am Rand und in Mitte.

Nette Menschen – ohne Grenzen

Do Me A Favour betreibt Sharing Economy im Kleinen und ist eine App für mehr Wärme in Hamburg, überall, im Leben. Sie führt – wider der Großstadtanonymität – Menschen zusammen, die sich gegenseitig helfen wollen. Sharing Economy im Kleinen: ganz groß! Die Vision der Entwickler ist die einer Community netter Menschen, ohne Grenzen, weltweit.

Gute Ideen, ständige Feuerwerke im Kopf und Engagement brauchen auch mal Feierabend, um später energetisch weiterfeuern zu können. Till Tolkemitt entspannt sich gern beim Schwimmen, Yoga oder beim Plattenhören. Aktueller Lieblingstitel ist übrigens „To Pimp a Butterfly“.

Daniela Chmelik hat in ihrer Reihe Mittendrin Dabei! den Sommer über engagierte Projekte vorgestellt, die innovativ und nachhaltig sind, Menschen zusammenbringen und Hamburg und die Welt besser machen. „Seid Internett zueinander!“ ist der letzte Artikel dieser Reihe.

Mehr zum Thema:

Mittendrin dabei: Die Medienboten – Besuch mit Buch

„Mittendrin dabei“: Konfetti im Kopf

„Mittendrin dabei“: Die Damen von der Kleiderei

„Mittendrin dabei“: Hoffnungsort Herz As

„Mittendrin dabei“: St. Depri

„Mittendrin dabei“: Alles für Alle

„Mittendrin dabei“: Gut gebrüllt, Tiger

 

Fotos: AS Berlin Applications GmbH, Till Tolkemitt
Kommentare anzeigen (1)

1 Kommentar

  1. Adelina

    14. Januar 2016 at 09:18

    Hi, ich hab die App auch mal getestet. Leider ist in Leipzig noch nicht so viel los. Ein paar interessante Angebote gibt es zwar bereits, aber so richtig am Rollen ist es leider noch nicht. Ich habe mal ein paar Screenshots und meine Eindrücke in einem Feedback-Artikel für Neugierige zusammengefasst: http://www.leipzig-leben.de/do-me-a-favour-app/ Vielleicht fehlt der Antrieb anderen Leuten einen Gefallen zu tun, wenn man selbst nichts dafür bekommt. Da sind Modelle wie der Batzentauschring etwas anders gestrickt. Aber ich finde diese selbstlose Idee von Do Me A Favour grundsätzlich sehr spannend. Lieben Gruß aus Leipzig, Adelina

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