Zu Ostern wurde in Hamburg Volleyball gespielt – beim „Häschenturnier“ kommen bereits seit 23 Jahren homosexuelle Hobby- und Profivolleyballer aus ganz Europa nach Hamburg. Von Karfreitag bis Ostermontag war das Sportevent der etwas anderen Art angesetzt – denn nicht der sportliche Wettkampf stand an diesem Wochenende im Vordergrund: Partys, Spaß und Geselligkeit heben das Event von anderen Sportveranstaltungen ab. Mittendrin hat mit Markus Hilbers und Alex Bätz vom schwul-lesbischen Sportverein “Startschuss” über die Veranstaltung gesprochen.
Mittendrin: Was ist das Besondere am “Häschenturnier”?
Markus Hilbers: Es macht einfach großen Spaß dabei zu sein – das Turnier hebt sich vor allem durch das bunte Rahmenprogramm von anderen Sport-Events ab. Am Freitag starten wir mit einer Eröffnungsfeier, nach den Spielen werden beim Gala-Dinner am Sonntagabend die Sieger geehrt, am Montag gibt’s einen gemütlichen Brunch zum Abschluss – so bleibt viel Zeit, sich untereinander auszutauschen.
Alex Bätz: Das ganze Wochenende ist ein wichtiges Event für die Gay-Community – natürlich geht es auch um den Sport, aber der Spaß steht immer im Vordergrund. Der Titel “Häschenturnier” deutet es ja bereits an: Humor und Selbstironie sind in unserem Vereinsleben zwei ganz wichtige Komponenten.
Das Turnier fand in diesem Jahr bereits zum 23. Mal statt – wie ist die Idee dazu entstanden?
Bätz: Turniere haben in der schwul-lesbischen Sportbewegung eine große Bedeutung – neben dem Spaß-Effekt fördern sie auch Austausch und Dialog untereinander und wir können uns in der Öffentlichkeit zeigen. Darum war es auch für uns naheliegend, ein Turnier zu veranstalten.
Hilbers: Um Ostern herum hat sich die Gay-Community in Hamburg bereits früher oft zum Feiern getroffen, etwa in der “Gay Factory”. Daher bot sich das Datum einfach an. Wichtig ist auch der internationale Aspekt: In diesem Jahr kamen neun Mannschaften nicht aus Deutschland, darunter Teams aus Belgien, Spanien oder den Niederlanden.
Warum ist diese starke internationale Vernetzung gerade für den schwul-lesbischen Sport so wichtig?
Hilbers: Zunächst einmal ist es einfach schön, ein privates Netzwerk aufzubauen, weltweit Freunde zu finden, herumzukommen und etwa schwul-lesbische Großevents in Metropolen wie New York oder Amsterdam mitzuerleben. Da entsteht ein ganz besonderes Gemeinschaftsgefühl. Der internationale Dialog durch den Sport ist aber auch wichtig, um gemeinsam politisch aktiv zu werden und sich über die gesellschaftlichen Kontexte von Homosexualität auszutauschen.
Organisiert wird das Wochenende rund ums Häschenturnier vom Hamburger Sportverein “Startschuss”, der vor über 20 Jahren gegründet wurde und heute über 600 Mitglieder zählt. Warum braucht es eigentlich einen explizit “schwul-lesbischen” Sportverein?
Hilbers: Ich selbst war schon in hetero- und homosexuellen Vereinen aktiv – und habe schnell festgestellt, dass der Umgang miteinander in schwulen Vereinen völlig anders ist. Darum bin ich gerne bei “Startschuss” aktiv: Viele SportlerInnen, die dort mitmachen, fühlen sich viel freier, ungezwungener. Man muss dort keine merkwürdigen Blicke fürchten und kann einfach man selbst sein. Das ist ein sehr befreiendes Gefühl. Es gibt einfach dieses natürliche Bedürfnis, sich mit Gleichgesinnten zu umgeben – eigentlich nichts Ungewöhnliches, schließlich treiben etwa auch viele Frauen lieber zusammen Sport.
Haben sie in den klassisch heterosexuellen Vereinen denn negative Erfahrungen gemacht?
Hilbers: Nein, direkte Diskriminierung habe ich nicht erlebt.
Bätz: Ich kann mir schon vorstellen, dass einige SportlerInnen sich in Hetero-Vereinen eher unwohl fühlen – ob bewusste Ausgrenzung dahinter steht, weiß ich nicht. Doch das Gefühl des “Andersseins” ist eben da.
Wenn über homosexuelle Sportler gesprochen wird, dann geschieht dies meist im Kontext des Fußballs – dort scheint Homophobie noch weit verbreitet zu sein. Ist das überhaupt ein Problem im Volleyball?
Hilbers: Im Fußball ist Homophobie tatsächlich deutlich präsenter. Das liegt vermutlich an der speziellen Art und Weise des Sports: Fußball ist sehr körperbetont, kämpferisch und wird dabei immer noch von männlichen Stereotypen durchzogen. Beim Volleyball steht der Aspekt des Kämpfens weniger im Fokus – es gibt keine direkten Berührungen mit dem Gegner, es geht vielmehr um das geschickte Zusammenspiel als Team. Die Wurzeln des schwul–lesbischen Sports in Deutschland liegen im Volleyball.
Vor kurzem hat sich der ehemalige Nationalspieler Thomas Hitzlsperger geoutet – wie habt ihr diese Nachricht aufgenommen?
Hilbers: Homosexualität wird im Leistungssport immer noch oft tabuisiert – das ist natürlich auch für uns ein großes Thema. Wir begrüßen den Schritt von Thomas Hitzlsperger, weil er damit ein wichtiges Zeichen setzt. Allerdings sind solche Outings leider immer noch viel zu selten, gerade in jenen Sportarten, die als besonders maskulin gelten, wird geschwiegen. Wir würden uns wünschen, dass mehr SportlerInnen den Mut finden, um diesen Schritt zu gehen.
Vielen Dank für das Gespräch!
„Startschuss“, Hamburgs Sportverein für Schwule und Lesben besteht seit 1990. Homosexuelle Sportvereine gab es damals bereits in Köln, Berlin oder Frankfurt, in Hamburg fanden sich zunächst ein Dutzend interessierter Sportler zusammen. Heute zählt der Verein mehr als 600 Mitglieder, die in verschiedenen Abteilungen aktiv sind: Dazu zählen etwa klassische Mannschafts-Sportarten wie Volleyball, Fußball oder Badminton, aber auch Yoga, Tanzen oder Karate sind Teil des Angebots. Die Organisation von grenzüberschreitenden Turnieren hat in der schwul-lesbischen Sportbewegung eine lange Tradition: Seit 1982 finden auf internationaler Ebene alle vier Jahre die „Gay Games“ statt. Zehntausende SportlerInnen aus rund 30 Disziplinen nehmen an dem Event teil. Seit den 90er-Jahren gibt es außerdem die „Euro Games“, an denen schule, lesbische und hetereo-sexuelle SportlerInnen aus ganz Europa teilnehmen.
Foto: Jonas Walzberg
Facebook
Twitter
Flattr
Google+
YouTube
Soundcloud
Paypal
Anmelden