Wer ein irres Dreifach-Album zwischen Doom Metal und nordischem Folk heraushaut, der verdient Beachtung. Swallow the Sun waren im Headcrash – Justus Ledig ebenfalls.
In der Metal-Szene sorgen Swallow the Sun zurzeit für einiges Aufsehen. Die Finnen veröffentlichten mit “Songs of the North I, II & III” soeben einen Dreierpack mit mehr als zweieinhalb Stunden Spielzeit. Dass das nicht einmal langweilig wird, obwohl das Tempo standesgemäß eher im unteren Bereich angelegt ist, spricht klare Worte – auf ins Headcrash!
Früh geht es los an diesem Freitag und von Adimiron, der ersten Band, ist zeitlich nicht mehr viel übrig. Eher moderner Death Metal ist das, was die Truppe aus Italien da fabriziert. Der will nicht recht zünden, vor der Bühne ist viel zu viel Platz und oben auf den Brettern tut sich kaum etwas Spannendes. Ob Adimiron einfach noch nicht warm genug sind? Es ist immerhin erst der zweite Termin der Europatournee, zudem ist man mit einer Aushilfs-Bassistin unterwegs. Jedenfalls unternimmt keiner der Musiker gesteigerte Versuche, das Headcrash zu irgendetwas zu animieren. Und so verpufft der Opener sang- und klanglos.
Noch einmal mit Geschwindigkeit
Ganz anders sieht es mit Wolfheart aus, die nach kurzer Umbaupause an der Reihe sind. Obwohl die aus Finnland stammende Band erst wenige Jahre jung ist, scheint sie eine beachtliche Fangemeinde zu haben. Wahrscheinlich hängt das mit den zahlreichen anderen musikalischen Aktivitäten zusammen, die Bandkopf Tuomas Saukkonen zuvor unternahm – Before the Dawn oder Black Sun Aeon dürften manchem Metal-Fan ein Begriff sein.
Wie dem auch sei: Wolfheart sind ebenfalls wesentlich schneller unterwegs als der Hauptact, passen aber mit ihrem typisch finnischen Melodic Death Metal gut ins Konzept. Zu Beginn leidet der Vierer noch unter Schwierigkeiten mit dem Sound, was sich auf die Performance niederschlägt – dafür gibt es eine artige Entschuldigung und viel, viel Energie. Zwar erweist sich der Stil der Ansagen als nordisch-reserviert, aber die Energie der Wolfherzen reißt mit. Negativ: Keyboard-Passagen werden nicht live gespielt, sondern kommen einfach vom Band.
Laute und leise Lieder aus dem Norden
Und so kommen wir dann zum Headliner aus dem klangvollen Städtchen Jyväskylä. Nicht weniger als sechs Nordmänner drängen sich auf der kleinen Bühne des Headcrash, um dem Saal eine ordentliche Schneewehe zu verpassen. Zugegeben, Sänger Mikko Kotamäki irritiert mit seinem Outfit – Unterhemd, Wollmütze und Brille – , das beim besten Willen nicht zu der melancholisch-schwerfälliger Musik passt. Doch das soll neben ebenfalls vom Band eingestreuten Samples ein geringfügiger Kritikpunkt bleiben.
Swallow the Sun liefern mächtig ab, und das mit dem Fuß auf der Bremse, wie es sich für Doom Metal gehört. In den wenigen, dafür langen Liedern ist der Geist des kühlen Nordens sehr greifbar. Nicht zuletzt die großartige Stimme Kotamäkis ist dafür verantwortlich: Von tiefstem Grabesknurren bis zu eleganten Klargesängen hat der Mützenmann einiges auf dem Kasten. Der Rest der Band steht dem in nichts nach und schlägt punktgenaue, schwergewichtige Töne im Headcrash an.
Eine Besonderheit haben sich Swallow the Sun für den Zugabenblock ausgedacht. Getreu der zweiten Platte von “Songs of the North I, II, III”, die aus Folk-Songs besteht, wechseln die Instrumentalisten fleißig durch und spielen akustisch weiter. Nach drei sanften Nummern wirkt das anschließende Gewitter umso stärker, als zum Finale noch einmal das Tempo angezogen wird.
Großes Aufsehen machen die Finnen daraus nicht, wie ihre Landsleute geben sie sich recht bescheiden und zurückhaltend. Und so geht auch das gesamte Konzert unspektakulär zu Ende. Beklagen wird sich deshalb wohl kaum jemand. Übrigens: Wer noch ein fettes Weihnachtsgeschenk für Melancholiker sucht, leihe “Songs of the North I, II, III” ruhig mal ein Ohr!
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