Freitags Montag

Medienkolumne
Jan Freitag

Freier Journalist und Autor | Blog: http://freitagsmedien.com/ | Schreibt bei Mittendrin über die "Wahnsinnsstadt" Hamburg und den wöchentlichen TV-Dschungel

freitagsmedien_Spukki-2_Seite_1Jan Freitag hat sich durch den Mediendschungel der Woche gekämpft und einen schwarzen Tag für die Popkultur gefunden. 

Man kann es beklatschen, man kann es beklagen, ändern kann man es nicht: Mit den letzten zwei Platzhirschen Gottschalk und Raab wird der Unterhaltungswald so arm an Zwölfendern, dass nur noch Kleinvieh vom Schlage Silbereisens herum hüpft. Und nun verlässt ihn auch noch einer, der das Lagerfeuer der Republik seit 25 Jahren schürt: Gregor Gysi. Gut, im Nebenhaupterwerb ist der haupthaupterwerbliche Jurist Politiker; erinnerlich bleibt er jedoch vor allem als Talkshowinventar und Tagesschauberker, der die Debattenkultur bei aller Kritik um etwas bereicherte, das Gysis Kollegen so fremd ist wie Sat1 Niveau: Selbstironie.

Die ist schon lang keine Kernkompetenz nachwachsender TV-Pflanzen mehr – was im Herbst 2016 kaum besser werden dürfte, wenn der Kulturkanal von ARZDF online geht. Eigentlich keine schlechte Idee, würde zum Ausgleich neben Eins Plus nicht auch ZDFkultur vom Bildschirm verschwinden, der letzte frei empfangbare Kanal mit Musik abseits von Oper und Schlager. Es wird ein schwarzer Tag für die Popkultur mit mehr Anspruch als Volks- und Hochkultur, wenn die öffentlich-rechtliche Zielgruppe unter 50 vollständig ins Netz wandert.

Die Ankunft von Marty McFly

Dorthin also, wo sich Erstaunliches ereignet: Bild.de blockt bald Ad-Blocker genannte Programme zur automatischen Reklameausblendung mit Ad-Block-Blockern, denen die ewige Aufrüstungsspirale menschlicher Konflikte fraglos Ad-Block-Blocker-Blocker entgegensetzt, wogegen einem Konzern wie Springer schon was einfallen wird; vielleicht ja gemeinsam mit seinem Fuckbuddy RTL, dessen anspruchsvollstes Format „Bauer sucht Frau“ dank Springers Dauerberichterstattung mal wieder sechs Millionen Zuschauer erreichte.

Ganz so viele dürften es bei der versauten kleinen Senderschwester nicht sein, wenn sie am Mittwoch Filmgeschichte bebildert: Pünktlich zum 21. Oktober 2015, an dem Marty McFly vor 26 Jahren „Zurück in der Zukunft“ flog, zeigt RTL2 den zweiten Teil der rasend erfolgreichen Saga, die eigentlich „Spaceman from Pluto“ oder so heißen sollte. K1 hingegen sollte besser „Kabel 1800“ heißen, angesichts des reaktionären Entertainmentmülls, der dem Privatsender zeitgemäß erscheint: Die Heimwerker-Dokusoap „Mein Mann macht das!“ feiert die Geschlechtermuster von vorvorgestern ab Montag so hingebungsvoll, dass als Fortsetzung nur noch „Mein Mann schlägt mich, aber ich hab’s auch verdient“ fehlt. Die CSU sähe gewiss kollektiv zu…

Zwischen Fiktion und Wirklichkeit

Mittwoch dagegen dürfte sie geschlossen abschalten, wenn ein lesbisches Abenteuer Ina Weisse als Mutter des ARD-Films „Ich will dich“ aus ihrer bürgerlichen Architektenidylle reißt. Noch realistischer als das sehenswerte, aber leicht artifizielle Familiendrama ist die 3sat-Doku zu einem Thema, mit dem sich die Protagonisten reicher Wattewelten nie plagen müssen: „Der Mietreport“, Freitag (20.15 Uhr), Untertitel „Wenn Wohnen unbezahlbar wird“. Ein bisschen betroffener dürfte sich die Oberschicht da von „Todschick“ (Dienstag, 20.17 Uhr) fühlen, worin Arte „Die Schattenseiten der Mode“, vor allem deren Produktionsbedingungen beleuchtet, und zwar nicht nur bei KiK, sondern auch bei Edelmarken.

Mittig zwischen Fiktion und Wirklichkeit steht die Fake-Doku „Öl“ (Mittwoch, 22.45 Uhr, ARD), wo sich zwei Reporter auf die Spur der geheimen DDR-Förderung begeben – was während des Drehens von der Wirklichkeit eingeholt wurde, als Regisseur Niki Stein an Mecklenburgs Ostsee auf echte Öl-Sucher des US-Konzerns Halliburton stieß. Was Dichtung, was Wahrheit ist, wird aber nirgends lustiger ad absurdum geführt als bei Bernd Stromberg. Zum Serienfinale feiert die Belegschaft des selbstgerechten Versicherungsvertreters in Kinolänge auf Pro7 Firmenjubiläum, was so verstörend echt wirkt, wie die fünf Staffeln zuvor.

Die Wiederholungen der Woche

Warum serielle Juwelen dieser Güte partout nicht im Ersten Programm zu finden sind, darüber können Netz und Publikum am Montag um 21 Uhr debattieren, wo sich der ARD-Vorsitzende Lutz Marmor und WDR-Intendant Tom Buhrow 90 Minuten lang – moderiert von Sandra Maischberger – der Kritik stellen. Bis sich was ändert, müssen wir uns aber wohl doch mit den „Wiederholungen der Woche“ begnügen, in schwarzweiß „Professor Mamlock“, ein jüdischer Arzt, der erst stillhält und dann untergeht, mit dem die DDR der BRD kurz vorm Mauerbau bewies, wie man den Faschismus im Film (Montag, 23.40 Uhr, MDR) klug verarbeitet. Ebenso klug, weniger zeitgeschichtlich, dafür in Farbe: „Hexenkessel“ von 1973 mit Robert de Niro und Harvey Keitel als Mafia-Zöglinge in New York (Montag, 22.25 Uhr, Arte). Und der Dokutipp zum Schluss: Die Arte-Reportage „Rammstein in Amerika“ (Samstag, 21.45 Uhr) gefolgt von ihrem umjubelten Konzert im Madison Square Garden.

Klicken um Kommentar zu schreiben

Artikel kommentieren

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind markiert *

Mehr in Medienkolumne

Titelbild_Freitagsmedien_Mittendrin

Medienkolumne: Freitags Montag

Jan Freitag14. März 2016
Titelbild_Freitagsmedien_Mittendrin

Medienkolumne: Freitags Montag

Jan Freitag7. März 2016
Titelbild_Freitagsmedien_Mittendrin

Medienkolumne: Freitags Montag

Jan Freitag29. Februar 2016
Titelbild_Freitagsmedien_Mittendrin

Medienkolumne: Freitags Montag

Jan Freitag22. Februar 2016
Titelbild_Freitagsmedien_Mittendrin

Medienkolumne: Freitags Montag

Jan Freitag15. Februar 2016
Titelbild_Freitagsmedien_Mittendrin

Medienkolumne: Freitags Montag

Jan Freitag8. Februar 2016
Titelbild_Freitagsmedien_Mittendrin

Medienkolumne: Freitags Montag

Jan Freitag1. Februar 2016
Titelbild_Freitagsmedien_Mittendrin

Medienkolumne: Freitags Montag

Jan Freitag25. Januar 2016
Titelbild_Freitagsmedien_Mittendrin

Medienkolumne: Freitags Montag

Jan Freitag18. Januar 2016

Rund um Billstedt, Billbrook und Horn atmet die grüne Lunge der Stadt. In Hamm, Rothenburgsort, Borgfelde, Hammerbrook, St.Georg, der Alt- und Neustadt, und auf St. Pauli riecht und schmeckt man Hamburg an jeder Straßenecke. Die Hafencity glänzt und glitzert im Schatten der dicken Pötte und Kräne.

Die andere Seite der Elbe auf der Veddel, in Wilhelmsburg, auf dem Kleinen Grasbrook, in Steinwerder, Waltershof, Finkenwerder und auf der Insel Neuwerk lässt hanseatische Tradition spürbar werden.

Das ist Hamburg-Mitte, unser Bezirk inmitten einer lebhaften Stadt. So vielfältig wie seine Bewohner sind die Geschichten, die wir erzählen.

Mittendrin ist Name und Programm – täglich sind wir unterwegs und bringen euch spannende Reportagen, aktuelle Lokalnachrichten und ausdrucksstarke Bilder und Videos aus Hamburgs bunter Mitte.

Hamburger Geschichten

© 2012 - 2015 Mittendrin | Alle Rechte vorbehalten. Impressum - Umsetzung Politikwerft Designbüro.