Vor ausverkauftem Hause feierten die Metal-Vampire Powerwolf ein Fest der Obszönitäten. Justus Ledig stellte mit gewissem Erstaunen fest, wie gut das funktioniert.
Eine so bemerkenswerte Fangemeinde wie Powerwolf hätten sicherlich viele Bands gern. Schon Wochen vor dem Konzert ist der Hamburg-Abstecher der “Wolfsnächte 2015” in der Großen Freiheit 36 ausverkauft. Es ist Sonnabend, der Tag der Deutschen Einheit, da kann man das mal machen – aber so früh? Bereits um 18 Uhr soll es losgehen mit dem Dreierpack, das aus Xandria, Orden Ogan und eben Powerwolf besteht.
Der zeitige Beginn schreckt nicht allzu viele Gäste davon ab, pünktlich zu erscheinen. Xandria – symphonischer Metal mit einer Sopranistin am Mikrofon – klingen sicher nicht für jedermann zwingend, versammeln aber eine stattliche Menge im Saal der Freiheit. Die Stimmung im Publikum ist natürlich noch nicht auf dem Zenit angelangt. Doch die deutsch-niederländische Band ist angesichts der vollen Hütte durchaus angetan und macht ihre Sache grundsolide. Der Sound könnte aber gern satter sein.
In vollem Saal spielt es sich gern
Orden Ogan, die zweite Kapelle des Abends, haben ebenfalls leichtes Spiel. Der melodische, aber unspektakuläre Power Metal wird dankbar von den Hamburgern aufgenommen und erntet ordentlichen Beifall. Es wirkt zwar nicht so, als wären viele Die-Hard-Fans der Westfalen zugegen, doch wenigstens gegen Ende des Sets werden Orden Ogan überzeugender und gewinnen vielleicht den einen oder anderen Anhänger dazu. Nachdem manche Songs eher belanglos dahinplätscherten und nur schwach auf den Punkt kommen, zündet das später gespielte Material und die Band wird ebenfalls spielfreudiger. Es gelingt noch rechtzeitig, das Publikum zu Spielchen zu animieren, und die Freiheit heizt sich auf. Orden Ogan wirken zufrieden. Problematisch ist jedoch wie üblich die Toilettensituation – sich für den Austritt durch den gesamten Saal wühlen zu müssen, das schockt einfach nicht.
Kommen wir also zu den Stars des Abends! Mit ihrer auffälligen Gesichtsbemalung erscheinen die pseudo-spirituellen Wölfe, um die Gemeinde in Ekstase zu versetzen. Schnell entwickelt sich die Halle zum Tollhaus, als bereits zu einem frühen Zeitpunkt drei Kracher namens “Coleus Sanctus”, “Amen & Attack” und “Cardinal Sin” auf die Hamburger losgelassen werden. Dass Powerwolf ohne Bassisten spielen, fällt erstaunlicherweise überhaupt nicht ins Gewicht. Wohlgestimmte Rhythmusgitarre, Orgel-mäßiges Keyboard und eine feine Abmischung sorgen dafür, dass auch die tiefen Töne kräftig klingen und ein fetter Sound von der Bühne kommt.
Reichlich Hits in kurzer Zeit
Die Band um den großartigen Sänger Attila Dorn ist ausgezeichnet aufgelegt und feuert in schneller Folge eine Vielzahl ihrer wuchtigen Songs in die Menge. Nach und nach wird die Show immer munterer, woran nicht zuletzt die Ansagen mit rumänischem (Fake-)Akzent Schuld sind. Attila fordert die “sehr verehrte Gemeinde” auf, eine Messe zu feiern – da lässt sich kaum jemand lange bitten. Sowohl bei den kernigen Refrains als auch bei Sing-a-long-Spielen ist Hamburg zur Stelle.
Es kann aber nicht unbemerkt bleiben, wie sich das doch ziemlich einförmige Songmaterial über den Abend abnutzt. Das Tempo wird stets ähnlich hoch gehalten – wie gut täte mal so etwas wie eine Ballade! Doch das “Power” in Powerwolf steht da nicht umsonst. So treten die Saarländer weiter aufs Gaspedal und lassen sich nicht beirren. Die Fans feiern, es gibt Sprechchöre und viel Applaus. Angesichts der vielen Gäste mit entsprechenden Shirts dürfen Powerwolf wohl recht stolz auf ihren Status sein.
Im Zugabenblock wird noch mal reichlich Blut und Kreuzfeuer serviert, während gut geölte Kehlen fleißig mitsingen. Es ist noch nicht einmal 22 Uhr, als der letzte Vorhang fällt, da die Große Freiheit 36 noch eine weitere Veranstaltung beherbergen wird. Fiese Ohrwürmer bleiben in so mancher Gehirnwindung kleben. Fast schon unverschämt, wie gut das Konzept Powerwolf aufgeht!
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