Das inklusive Sportfest „Spink“ lockte trotz widrigen Wetters 2500 Menschen ans Millerntor.
Auf dem Platz vor dem Millerntorstadion ist eine kleine Bühne aufgebaut. Alles, was hier gesagt wird und passiert, übersetzt eine Gebärdendolmetscherin, mit Aufmerksamkeit und Lachen vom jungen Publikum imitiert. Noch vor den Eröffnungs-Ansprachen gibt es zum Warm-Up Zumba. Laut schallt Musik aus den Boxen, und die Besucher tanzen gegen den grauen Himmel an. Die Reden im Anschluss sind kurzgefasst, schon geht es weiter mit sportlichem Spaß.
Neben der Bühne findet sich ein Stand mit praktischer, inklusiver Mode von Designern, die mit ihrem Label „inkluWas“ das Denken verändern wollen. Etwas weiter können sich die Sportler am Büffet mit Erdbeeren, Bananen und weiterem Obst und Gemüse gratis stärken. In der Mitte des Platzes erweist sich der harmlos wirkende Rollstuhl-Parcour für unerprobte Menschen als wirklich schwierig. Wer hätte gedacht, dass selbst kleine Unebenheiten im Rollstuhl zu großen Barrieren werden? Dazu will der Wind einen umpusten.
Und was ist mit dem Regen?
Mitorganisatorin Denise Sütterlin (35) grinst über die erste Frage, was der Plan für Regenwetter sei: „Regen-Ponchos für alle und unser Sonnenschein Eike“, antwortet sie. Denise arbeitet als Dozentin an der Macromedia Akademie. „Sunnyboy“ Eike ist dort ebenfalls Dozent. Die Macromedia-Akademie ist eine Privatschule, auf der unter anderem Veranstaltungsmanagement, Mediengestaltung und Sport- und Fitnesskauffrau bzw. -mann gelernt werden kann. „Die Organisation des Sportfestes ist Aufgabe der Auszubildenden im ersten Semester“, erzählt Denise. „’Spink‘ ist ein Realprojekt im Rahmen der Ausbildung. Unsere Schüler sind für die komplette Orga verantwortlich. Gruppenweise sind sie zuständig für das Sportprogramm, die Veranstaltungs-Azubis kümmern sich um die Rahmenveranstaltung, das Geschehen auf der Bühne, die Essenswagen. Unsere Marketing-Azubis beauftragen die Mediengestalter mit Postern und Flyern.“ Der Wind pfeift über den Platz.
Bewusstsein für Barrieren schaffen
Die juchzenden Besucher des Sportfestes scheint das Wetter nicht zu stören. Eifrig werden Rollstühle ausprobiert, Gehörlosen-Kommunikation oder mit verbundenen Augen der Taststock für Blinde getestet. Viele Schulklassen sind in einem extraordinärem Unterricht mit ihren Lehrerinnen und Lehrern hier. Kinder sind sowieso die vorrangige Zielgruppe des inklusiven Sportfestes. Die Kooperation mit Schulen laufe gut, sagt Denise Sütterlin. Auch mache es Sinn ein Bewusstsein für Barrieren und deren Abbau gerade jungen Menschen nahezubringen. Verständnis für die Herausforderungen, die der Alltag für Menschen mit Behinderungen bereithält, können Kinder hier spielerisch erfahren.
Die größte Herausforderung bei der Veranstaltungsplanung: „Unsere Azubis haben im Alltag und auch sonst in der Ausbildung mit dem Thema Inklusion eigentlich nichts zu tun. Es war interessant festzustellen, was bei der Planung eines solchen Festivals alles bedacht werden muss, was Barrierefreiheit in der Praxis bedeutet, wie umfangreich ,Inklusion‘ ist. In einem Workshop hat ,K Produktion‘ uns zu barrierefreien Veranstaltungen beraten. Da haben wir viel gelernt. Im nächsten Jahr wollen wir auch unsere Homepage barrierefrei gestalten und für das Sportfest ein Leitsystem für Blinde ausarbeiten“, sagt Sütterlin.
Währenddessen wird überall auf dem Gelände gemeinsam Sport gemacht. Es gibt Rollschuhrennen, Bubblesoccer und die Bodybuilding-Show der norddeutschen Meister in der Handicap-Klasse zu sehen. Nur die Sonne zeigt sich nicht. Macht nichts, denn Eike und die Auszubildenden in ihren grünen Helfer-Shirts strahlen. Sie freuen sich: Na klar, auch nächstes Jahr findet Spink wieder statt. Damit die Idee weitergetragen wird, dass es in einer inklusiven Gesellschaft normal ist, verschieden zu sein.
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