Das Kollektiv Tekkno ist Grün feiert sein dreijähriges Bestehen. Jörn Behrens ist der Kopf des Ganzen und erklärt im Gespräch mit Mittendrin das Tekkno-ist-Grün-Konzept und die Hintergründe für viele Veränderungen in diesem Jahr.
Veröffentlicht am 06.06.2014
Der Sommer ist da und mit ihm Open-Air-Partys überall in der Stadt. Tausende junge Menschen tanzen in der Sonne zu elektronischer Musik. Seit vergangenem Jahr nimmt die Zahl der offiziell genehmigten Open Airs rasant zu. Ob auf dem Lattenplatz vor dem Knust, im Elbpark Entenwerder oder wie bei Tekkno ist Grün auf dem Werftgelände am Neuhöfer Damm in Wilhelmsburg – überall wird legal unter freiem Himmel gefeiert.
Seit drei Jahren besteht das grüne Tekkno-Kollektiv nun und veranstaltet Partys wie die „Tekkno brennt Oster Air“ oder das Hafengrün-Festival. Das Kollektiv besteht aus den DJs Merok, Norg, Stereophonie, Minoru und Paul Harbour. Kopf des Ganzen ist Jörn Behrens. Der gelernte Veranstaltungskaufmann hat das Projekt 2011 mit Freunden gestartet, tritt als Veranstalter auf und kümmert sich um die Organisation. Am Pfingstwochenende feiert Tekkno ist Grün sein dreijähriges Bestehen.
2012 stieg die erste Tekkno-ist-Grün-Party auf dem ehemaligen Werftgelände
Nachdem er seinen Job krankheitsbedingt aufgeben musste, rief er vor drei Jahren Tekkno ist Grün ins Leben. Dort konnte er seine jahrelange Erfahrung im Eventbereich nutzen. „Wir haben damals ganz klein angefangen“, sagt der gebürtige Hamburger. „Der Name Tekkno ist Grün hat sich dann ziemlich schnell in der Stadt verbreitet, sodass wir schnell ein großes Publikum erreichen konnten.“ 2012 bekam er das Angebot für eine Veranstaltung auf dem ehemaligen Werftgelände in Wilhelmsburg und nutzte die Möglichkeit: In nur zwei Monaten stellte das Kollektiv ein Konzept auf die Beine, baute die entsprechenden Strukturen auf und veranstaltete das erste Tekkno-ist-Grün-Event auf dem Gelände.
Mittlerweile organisiert das Kollektiv fünf offizielle Open Airs und einige Indoor-Events im Jahr. Die Liebe zum Veranstalten, zur Musik und zur Natur ist Antrieb des Kollektivs. „Wir wollen eine Plattform bieten, auf der unterschiedlichste technische, emotionale und kulturelle Aspekte zusammenkommen können“, sagt Jörn Behrens. So richtet Tekkno ist Grün seit 2011 auch das Hafengrün-Festival aus, das zwischen Party, Kunst, Workshops und einem liebevollen Deko-Konzept einen Raum zur freien Begegnungen schaffen soll.
Das Herzensprojekt – ein echter Höllenritt
„Seit ich damals als Jugendlicher zum ersten Mal auf einer Open-Air-Veranstaltung war, wollte ich so etwas machen“, sagt der 33-Jährige. „Ich hatte immer diese Vision und mit Tekkno ist Grün kann ich sie jetzt realisieren. Das gibt mir viel Kraft“, sagt Jörn Behrens. Für ihn ist Tekkno ist Grün zu seinem Herzensprojekt geworden. „Dafür gebe ich mein letztes Hemd, auch wenn es manchmal ein echter Höllenritt ist.“
Besonders finanziell gehe er immer wieder ein hohes Risiko ein. „Die Verantwortung als Veranstalter liegt allein bei mir. Aber in dem Projekt steckt so viel Herzblut, dass ich das gern in Kauf nehme“, sagt Behrens. 70 Prozent des Jahres muss er sich als Freiberufler durchschlagen, die Open Airs werfen kaum einen finanziellen Gewinn ab. Der Grund dafür ist das Umsonst-und-Draußen-Konzept (U&D), das bei den meisten Open Airs gilt: Der Eintritt ist frei, jeder kann kommen, die Veranstalter sorgen für Musik und Getränke und dafür halten alle gemeinsam am Ende die Veranstaltungsfläche sauber. So der Grundgedanke.
„Bei kleinen Events mit 300 Leuten funktioniert das gut. Da gibt es sicherlich auch immer ein paar, die ihren Müll nicht wieder einsammeln, das wird aber durch die restlichen Gäste meistens gut ausgeglichen“, sagt Behrens. Bei größeren Open Airs mit mehreren Tausend Besuchern sei der Anteil der Leute, die sich nicht an die Regeln halten einfach höher.
Sachbeschädigungen auch auf den Nachbargrundstücken
Das bekam das Tekkno-ist-Grün-Kollektiv am Osterwochenende zu spüren. „An Ostern hatten wir viel zu viele Leute da“, sagt Behrens. Da die Location keine Brachfläche ist, sondern täglich bewirtschaftet wird, könnten er und seine Mitstreiter künftig nicht garantieren, dass das Gelände immer genug Platz für so viele Gäste biete. Die riesigen Sandhügel, die den besonderen Reiz der Fläche ausmachen, machen diese auch unübersichtlich.
Zudem seien die Nachbargrundstücke stark in Mitleidenschaft gezogen worden. „Dort und auf dem Gelände ist es zu Sachbeschädigungen gekommen“, sagt Behrens. Trotz des Verbots badeten BesucherInnen in der Elbe, warfen mit Flaschen oder kletterten auf die Hallendächer. „Das ist nicht nur blöd sondern auch gefährlich“, sagt Behrens. „Manche kommen, feiern, lassen ihren Müll rumliegen, machen vielleicht auch noch Ärger und sehen gar nicht, wie viel Arbeit in so einer Open Air steckt. Die konsumieren einfach“, so Behrens weiter.
Mit der letzten Open Air habe das Kollektiv die Kapazität des Geländes voll ausgeschöpft. „Wenn noch mehr Menschen kommen, ist es fast unmöglich, für die Sicherheit jedes Einzelnen zu sorgen und das wollen wir auf keinen Fall“, sagt Behrens. Dazu kamen die unangenehmen Zeitgenossen, die zu geringe Anzahl Toiletten und die hohe Belastung an den Bars. „Wir mussten Konsequenzen ziehen“, sagt Jörn Behrens.
Nicht mehr umsonst, aber immer noch draußen
Das heißt: Mehr Security, mehr Personal, mehr Toiletten, mehr Getränke und Sanitäter vor Ort. Die entstehenden Mehrkosten führen zur wichtigsten Änderung: der Abkehr vom Umsonst-und-Draußen-Konzept. „Das ist ein Kompromiss, den wir eingehen mussten“, sagt Jörn Behrens. Dadurch solle die Besucherzahl kontrollierbar bleiben. „Wir haben die Tickets zu unserem dritten Geburtstag auf 3.333 Stück begrenzt, um einer Überfüllung des Geländes wie an Ostern vorzubeugen“, so Behrens weiter. Fünf Euro wird der Eintritt bei der Geburtstags-Open-Air kosten. Der Vorverkauf ist bereits beendet, es wird aber Tickets an der Abendkasse geben. „Durch den minimalen Kostenfaktor hoffen wir außerdem, dass sich hauptsächlich diejenigen entscheiden, ein Ticket zu kaufen, denen es auch um einen bunten und friedlichen Geburtstag geht“, sagt er.
Zudem hofft das Kollektiv durch den Ticketverkauf auf eine finanzielle Absicherung. „Es wäre schön, Tekkno ist Grün auf festere Beine stellen zu können. Gerade wissen wir noch nicht genau, ob und wie wir zum Beispiel das Hafengrün-Festival weitermachen können“, so Behrens weiter.
„Es gibt in Hamburg eine große Open-Air-Szene mit vielen tollen Menschen. Die Nachfrage nach Veranstaltungen dieser Art ist sehr groß“, sagt der 33-Jährige. In Hamburg sei dies besonders ausgeprägt. „Es gibt immer mehr genehmigte Open-Air-Partys, wo Tausende Menschen zusammen feiern. Ich mag aber trotzdem auch die kleinen, inoffiziellen Partys. Da geht es mehr um das Miteinander als um das Event an sich. Der Spirit bleibt im Wesentlichen derselbe, aber dort sieht der Platz dann am Ende top aus“, sagt Behrens.
Die Regeln für Tekkno-ist-Grün-Veranstaltungen sind eben so simpel wie einleuchtend: Kein übermäßiger Konsum, kein asoziales Verhalten sowie Respekt vor der Umwelt und den Mitmenschen stehen an oberster Stelle. Außerdem sind das Baden in der Elbe, das Betreten der Nachbargrundstücke und das Mitbringen von eigenen Getränken in Glasflaschen grundsätzlich verboten.
„Wir freuen uns wirklich auf die Geburtstagsparty“, sagt Jörn Behrens. „Aber ich möchte trotzdem noch einmal an alle Leute appellieren, sich vernünftig zu benehmen und die Regeln zu beachte. Nur so können solche Veranstaltungen auch in Zukunft stattfinden.“
Fotos: Maddin S. / Tekkno ist Grün, Photoart Sommerlich
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