Als Redakteur bei einem Online Nachrichten-Magazin, gelte ich in Familienkreisen als Experte für alles, was mit dem Internet zu tun hat. Aber wie sagte schon unsere Bundeskanzlerin: „Das Internet ist für uns alle #Neuland.“
Jeden Tag verschicke ich im Durchschnitt mehr als 25 E-Mails. An Freunde, Kollegen, Gesprächspartner, Veranstalter, Pressesprecher oder Musiker. Ich weiß, dass ich Betreff, E-Mail-Adresse und Anhang überprüfe, bevor ich auf „Senden“ klicke. Doch vor kurzem betrat auch ich wieder #Neuland.
Ich hatte ein DJ-Set für einige Freunde zusammengemischt, mit 72 Minuten zu lang, um es auf einen herkömmlichen CD-Rohling zu brennen. Mein innerer Internet-Experte – ein Hochstapler, das sei am Rande bemerkt – meldete sich zu Wort. Vor kurzem hatte ich im Netz eine Plattform entdeckt, auf der ich kostenlos und ohne Anmeldung Dateien hochladen konnte. Meinen Freunden brauchte ich bloß noch einen Link zuzuschicken, damit sie die Datei dann herunterladen konnten. Gesagt, getan. Der erste Schritt auf einer Odysse durch das #Neuland.
Marvin 1, #Neuland 0
Der Upload funktionierte noch erstaunlich reibungslos. Nach dem dritten Versuch und insgesamt mehr als einer Stunde Wartezeit vermeldete mein Laptop: „Datei hochgeladen“. Überglücklich ob des unverhofften Erfolgs kopierte ich den angezeigten Link und verschickte ihn an ein paar Freunde – erfolgreich. Die Mails nahmen ihren Weg durch das World Wide Web und kamen unbeschadet und voll funktionsfähig bei ihren Empfängern an. Marvin 1, #Neuland 0.
Denkste. Kurz darauf kamen zwei E-Mails in meinem Postfach an. Beide verkündeten mir jeweils, dass eine meiner Mails nicht gesendet werden konnten. Warum? Ich hatte keine Ahnung. Der restliche Inhalt der Nachrichten bestand Zahlen, mir unbekannten Sonderzeichen und vermutlich Buchstaben aus mir fremden Alphabeten. Ich dachte an Frau Merkel: #Neuland
„Nimm das, Neuland!“
Ich versuchte es noch einmal. E-Mail-Adressen: gecheckt. Link eingefügt: gecheckt. Ich klickte auf „Senden“. Angespannt wartete ich, ob wieder etwas falsch gemacht hätte. Im Minutentakt aktualisiert ich meinen Posteingang – Nichts. „Jetzt aber“, dachte ich. Ein anwesender Kumpel fragte, ob ich auch ihm den Link per E-Mail schicken könne. Klar, jetzt schien es ja zu funktionieren. Schnell seine E-Mail-Adresse, ein Relikt aus den Zeiten als man noch ICQ und MSN benutzte, eingetippt, Nachricht mit dem Betreff „DAS SET SCHICK ICH DIR!!!!!111!!!!!11!!“ gesendet, und nervös gewartet. Wieder nichts. Siegesgewiss ballte ich die Faust. „Nimm das, #Neuland.“
Eine halbe Stunde später, hatte mein Kumpel immer noch keine E-Mail erhalten, er fragte nach. Ich kontrollierte meinen Postausgang. Die Mail war raus gegangen und auch nicht wieder zurückgekommen. Ich stand vor einem Rätsel. Wo war die Nachricht hin? War sie unterwegs umgekommen? Hatte sie sich verirrt? Vor mir sah ich schon die Titelzeile: „E-Mail gerettet nach drei Jahren im #Neuland.“
Soweit wollte ich es nicht kommen lassen. Ich fragte noch einmal meinen Kumpel nach seiner E-Mail-Adresse, glich sie mit der ab, an die ich die Nachricht verschickt hatte… Mir blieb beinahe das Herz stehen. Ich hatte die Nachricht nicht an ihn, sondern an den Menschen verschickt, der dieselbe dämliche Mail-Adresse wie mein Kumpel hatte. Allerdings mit der Endung .de statt wie mein Freund .com. Und da war ich wieder, im #Neuland.
Wie Frau Merkel über die Cebit
Ich tappte durch das Internet wie Frau Merkel über die Cebit. Wie sollte ich die verschickte und wahrscheinlich schon angekommene Mail wieder zurück holen, ohne das der falsche Adressat etwas merkte? Ich klickte wild herum, doch je doller ich strampelte, desto tiefer versank ich im #Neuland.
Also durchatmen, alles halb so wild. Ich habe die Mail dann noch einmal an die richtige Adresse meines Kumpels geschickt. Sie kam an und er konnte die Musik herunterladen. Von dem Menschen, dem ich aus Versehen die „DAS SET SCHICK ICH DIR!!!!111!!!!11!!!“-Mail geschickt hatte, kam ein paar Tage später eine Antwort. „Danke, Fremder. Schöne Musik. LG, Paul“, stand da. Mir fiel ein riesengroßer, digitaler Stein vom Herzen. Eins habe ich aus der Geschichte gelernt: Das Internet ist eben für uns alle #Neuland.
Foto: Armin Linnartz (Wikimedia Commons)
Stefan
30. Mai 2014 at 13:13
Post kommt mit der falschen Adresse übrigens auch nicht an #Offline 😉
Nimm doch beim nächsten mal Google Drive, E-Mails sind eh voll 90er.