Hamburg zeigt sich nachhaltig

Stadtgespräch
Frederic Zauels
@fredericzauels

Redakteur für Politik und Kultur | B.A. Politikwissenschaften, M.A. Journalistik | Kontakt: zauels@hh-mittendrin.de

Beim N-Klub treffen sich Unternehmen und Ideenfinder, die die Nachhaltigkeit im Auge haben. Gestern tauschten sich rund 100 Gäste in der Astra Lounge des Millerntor-Stadions darüber aus.

Das N – des N-Klubs steht nicht zur im Zeichen der Nachhaltigkeit. Genauso könnte der Buchstabe auch für „Netzwerk“ stehen. Der N-Klub kombiniert nämlich die beiden Schlagwörter zu einem, dem Nachhaltigkeits-Netzwerk. Gestern traf der N-Klub, initiiert von TV-Moderator und Buchautor Tobias Schlegl sowie seinem Freund und Fernsehmacher Lars Meier bereits zum 20. Mal in Hamburg zusammen. Dabei wurden neue Produkte vorgestellt, neue Ideen ins Leben gerufen und bereits erfolgreiches, nachhaltiges Wirtschaften ausgezeichnet.

Tobias Schlegl, gestern waschecht mit St. Pauli Totenkopf auf dem Rücken seines braun-schwarz karierten Hemds eingekleidet, ist einer von drei Gründern dieses Netzwerks. Einer Plattform für Hamburger Unternehmer, die mit Rücksicht auf die Natur handeln wollen. Gemeinsam mit Lars Meier und Robert Werner rief er den N-Klub ins Leben. Die Idee dazu kam dem mittlerweile 36-Jährigen Wahlhamburger Schlegl bei der Recherche zu seinem Buch „Zu spät? So zukunftsfähig sind wir jungen Deutschen“ verriet Mitgründer Lars Meier. Damals stellten sie fest, so Meier, dass gerade auf sogenannten Gutmenschen-Veranstaltungen immer ein angestrengtes Klima herrsche. Das wollten sie unbedingt ändern. Seitdem treffen sich alle drei Monate in Hamburg und mittlerweile auch Hannover und Köln von den Initiatoren ausgewählte Vereinsvertreter und Geschäftsleute, um sich über ihre Ideen und Umsetzungen auszutauschen und gemeinsam zu handeln.

Vom FC St. Pauli bis zur Bäckerei Effenberger – nachhaltige Strukturen in Hamburg

Auch der gestrige Gastgeber, der FC St. Pauli versteht sich als nachhaltiger Verein. Geschäftsführer Michael Meeske will trotzdem weiter darin investieren: „Aufgrund der geringen Mittel ist auch beim Stadionneubau vieles auf der Strecke geblieben“, sagt er. Heute aber gelte diese Ausrede nicht mehr, würden die Zahlen auf St. Pauli doch wieder positive Schlagzeilen schreiben: „Auch wenn noch vieles in den Kinderschuhen steckt, der FC St. Pauli möchte seiner sozialen und nachhaltigen Verantwortung mehr und mehr gerecht werden“, verspricht Meeske. So möchte man auch unabhängig von der „Schwarmintelligenz“, die das besondere Flair St. Paulis ausmache, selbst Ideen in die Hand nehmen. Dabei ist der Verein deutschlandweit bereits ein Vorreiter der Fußballbranche. Nirgendwo sonst werden in den Halbzeitpausen auf allen Tribünen vegane Snacks angeboten. Dazu unterstützt der Verein auf der Plattform Kiezhelden soziale Ideen bei ihrer Umsetzung. Die Fans gelten als politisch aktiv.

Den Startpunkt beim FC St. Pauli hatte auch ein Projekt, das mittlerweile nicht nur stadtbekannt ist: Viva Con Agua. Der ehemalige Pauli-Spieler Benni Adrion, der gleichzeitig seit vielen Jahren Co-Gastgeber des N-Klubs ist, rief das Non-Profit-Unternehmen ins Leben, um für die afrikanische Bevölkerung einen größeren Zugang zu Trinkwasser zu ermöglichen. Gestern war er selbst vor Ort in Afrika, um mit dem Musiker Gentlemen in Äthiopien ein neues Trinkwasser-Projekt zu beginnen.

Ein anderes Beispiel ist die Bäckerei Effenberger. Das Traditionsunternehmen, seit 56 Jahre im Geschäft und seit 1986 im Hamburger Grindelviertel ansässig, setzt trotz Tradition auch auf neue Backideen. Heute bestehen ihre Brotwaren aus 100% Vollkorn. Ganz neu ist zudem eine Alternative für vegan lebende Menschen, ein Saatenbrot mit Lupine und Soja.

In 100 Sekunden Ideen präsentieren

Tradition beim N-Klub haben auch 100 Sekunden, in denen neue Projekte vorgestellt werden. Gestern ging es dabei um Themen wie eine mögliche Gentrifizierung im Alter, dem Schutz der Bäche und Flüsse in Hamburg und der Lebensmittelnutzung von Ackerflächen. So kritisierte der Demeter-Bauer Georg Lutz, dass Ackerflächen heute größtenteils für Infrastruktur und Energieressourcen genützt würden: „Ich will ‚vorhaltig‘ sein, denn für die Nahrung wird’s eng!“, mahnte er.

Aus einer solchen 100-Sekunden-Performance entstand auch der Weltladen Top21 aus Elmshorn. Sein Sortiment besteht aus zu 100%  fair gehandelten Waren und bekommt jetzt auch einen „fairen“ Lieferservice. Im Rahmen der Aktion „N-Klub macht mobil“ wurde Top21 ausgezeichnet und erhielt als Prämie für einen Monat die Schlüssel zu einem Elektroauto des Autohauses Schlegel.

Bewusstsein schaffen – Nachhaltigkeit geht vom Mensch, nicht von Politik aus

Dem Netzwerk geht es aber auch darum, politisch zu handeln. Bereits in der Eröffnungsrede erinnerte Werner die Gäste daran, dass sie die Initiatoren von politischen Veränderungen sind. So waren die letzten 100 Sekunden Roman Denter vorbehalten, der zu einer Demonstration in Hannover am 22. März aufrief, die sich gegen den angeblichen Ausstieg der großen Koalition bei der Energiewende formiert.

Foto: Frederic Zauels

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