Seit gestern ist das Gefahrengebiet auf St. Pauli und in der Sternschanze endgültig aufgehoben. Für Innensenator Michael Neumann und den SPD-Senat eine klare Niederlage, findet unser Autor.
Der Senat und Innensenator Michael Neumann haben es geschafft: Sie haben so lange versucht zu spülen, bis die Schüssel übergelaufen ist. Die Toilettenanalogie sei mir verziehen, doch sie trifft zu – dazu passt dann auch, dass die Klobürste inzwischen zum Symbol des Widerstands gegen eine verfehlte Politik geworden ist.
Neumann und seine Senatskollegen haben die politischen Konflikte in dieser Stadt ignoriert und unterschätzt. Wie kann es sein, dass ein Hamburger Innensenator in einem Ausschuss der Bürgerschaft zu dem Schluss kommt, es gebe in der Stadt keine politischen Probleme, während seit Jahren immer wieder Tausende für die unterschiedlichsten Themen auf die Straße gehen?
Die Proteste für die Gruppe „Lampedusa in Hamburg“: Bis zu 20.000 Menschen demonstrieren.
Turbo-Gentrifizierung und Mietenwahnsinn: Bis zu 10.000 Menschen finden sich auf zahlreichen Demonstrationen ein.
Der Erhalt der Esso-Häuser: Bis zu 5000 Menschen protestieren regelmäßig.
Das sind nur einige Themen, die nur den Bezirk Mitte im vergangenen Jahr beschäftigt haben, und es bis heute tun. Diese Liste könnte man vom Streit um die Rote Flora bis zur Verdrängung von Obdachlosen und Prostituierten um ein Vielfaches verlängern. In Hamburg gärt es und immer mehr Konflikte werden offensichtlich. Das zu ignorieren ist politisch gefährlich.
Aber auch wenn Konflikte die Beachtung des Senats finden, kennen die Stadtväter und Mütter meist nur die Brechstangenlösung. Nicht umsonst wird Bürgermeister Olaf Scholz selbst in Parteikreisen schon länger als „König Olaf“ bezeichnet. Neumann und die übrigen Senatoren stehen ihrem Lehensherren in nichts nach, die SPD-Bürgerschaftsfraktion schweigt brav, so wie man es vor ihr erwartet.
Zuletzt habe die Oberen der Stadt versucht viele angeblich nicht vorhandene Konflikte mit der Einrichtung eines bisher beispiellosen Gefahrengebietes runterzuspülen. Genutzt hat es nichts – pausenlose Proteste und der „Aufstieg der Klobürste“ waren das Resultat des vergeblichen Versuchs Härte zu zeigen.
Dabei muss man sich inzwischen fragen, ob es wirklich Senator Neumann war, der für die Einrichtung des Gefahrengebietes verantwortlich ist: Sicher hat sich der Innensenator von Beginn an hinter „seine“ Polizei gestellt. Auch Bürgermeister Scholz zog nach langem Schweigen nach und verteidigte die Maßnahme als absolut notwendig. Einen Tag nach diesem Satz wurde das Gefahrengebiet wieder aufgelöst.
Zwischen den Zeilen der politischen Rechtfertigungen und der polizeilichen Selbstermächtigung lässt sich deutlich ein Machtkampf zwischen Politik und Polizei herauslesen. Der Polizeiführung – wahrscheinlich sogar ohne das Wissen des Polizeipräsidenten – geht es um mehr Personal, bessere Ausrüstung und bessere Gehälter. Die Einrichtung des Gefahrengebietes ist ein Machtspiel zwischen Polizeiführung und Innenbehörde. Die Leidtragenden sind die Polizisten auf der Straße und die BewohnerInnen der betroffenen Stadtteile.
Vom Hamburger Senat und insbesondere Innensenator Neumann müssen die BürgerInnen jetzt erwarten die Exekutive wieder in den Griff zu bekommen und stärker zu kontrollieren. Weiterhin müssen die politischen Konflikte der Stadt anerkannt und angegangen werden. Dabei muss man sowohl vom Senat, als auch von den übrigen Konfliktparteien Kompromissbereitschaft erwarten – das ist die Grundlage von Politik, während das Beharren auf festen Standpunkten trotziges Theater ist.
Um nochmal in den Worten der Anfangsmetapher zu sprechen: Der Senat muss jetzt die Klobürste ergreifen und für eine Lösung der Probleme sorgen, ansonsten stehen die Senatoren bald bis zu den Knien in der ….
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