Welche Persönlichkeiten waren für die Hansestadt Hamburg prägend? Natürlich namhafte Seefahrer und Handelsleute, Politiker, Künstler und Unternehmer. In vielen Ecken der Stadt gibt es jedoch Hinweise auf eine ganz besondere Hamburger Berufsgruppe: die Schriftsteller. Im dritten Teil unserer Hamburg-Serie berichten wir über einen von ihnen und die Spuren, die er hier hinterlassen hat: Wolfgang Borchert.
Viele große Schriftstellerpersönlichkeiten vergangener und aktueller Zeiten fühlten sich zeitweise oder ein Leben lang in Hamburg zuhause. Darunter G.E. Lessing, Detlev von Lilienchron, Heinrich Heine, Matthias Claudius, F.G. Klopstock, Fritz Stavenhagen, Robert Garbe und viele mehr. Allen voran jedoch Wolfgang Borchert, dessen Spuren in der Stadt bis heute am deutlichsten sichtbar sind. 1921 wurde er in Eppendorf geboren und wuchs dort in der Tarpenbekstraße 82 auf, wo bis heute eine Tafel mit seinen Lebensdaten an ihn erinnert. In der nahegelegenen Erikastraße ging er ab 1928 zur „Hinterhofschule“, die heute seinen Namen trägt. In der St.-Johannis-Kirche in Eppendorf wurde er neun Jahre später konfirmiert.
Er hatte kaum seine Schauspielausbildung in seiner Heimatstadt begonnen, da wurde er zum Kriegsdienst eingezogen. Bei einem seiner ersten Hamburg-Besuche fand er die Stadt völlig verändert und in großem Maße zerstört vor. Zu dieser Zeit entstanden viele Texte, in denen er sich und andere zum Wiederaufbau ermutigt: „Mehr, mehr als ein Haufen Steine! Das ist Tod und Leben, Arbeit, Schlaf, Wind und Liebe, Tränen und Nebel. Das ist unser Wille zu sein, Hamburg!“
Auch als er nach dem Krieg verletzt und krank das Bett hütete, widmete er der Hansestadt einen Großteil seiner schriftstellerischen Tätigkeit, unter anderem in seinem ersten Buch „Laterne, Nacht und Sterne“, einer Gedichtsammlung über Hamburg. Seine schwere Krankheit veranlasste ihn auch zu folgender Aussage: „Ich will keine Zeile mehr schreiben können, wenn ich nur mal über die Straße gehen dürfte, mal wieder Straßenbahn fahren – und an die Elbe gehen“.
Als der Tod seinem Leid ein Ende setzte, wurde er 1948 auf dem Ohlsdorfer Friedhof beigesetzt. Sein Grab liegt am „Stillen Weg“, ganz im Nordwesten in der „Dichterecke“ neben Richard Ohnsorg und Fritz Stavenhagen.
Sein vielleicht bedeutendster Nachlass ist der Prosatext „Dann gibt es nur eins“, in dem er zur Kriegsverweigerung auffordert. Folgender Auszug ist auf der Gedenktafel unter der Friedenseiche am Eppendorfer Marktplatz zu lesen:
SAG NEIN!
Du. Mann auf dem Dorf und Mann in der Stadt, wenn sie Morgen kommen und dir den Gestellungsbefehl bringen, dann gibt es nur eins: SAG NEIN!
Du, Mutter in der Normandie und Mutter in der Ukraine, Du, Mutter in Frisko und London, Du, am Hoangho und am Mississippi, Du, Mutter in Neapel und Hamburg und Kairo und Oslo, Mütter in allen Erdteilen, Mütter in der Welt, wenn sie Morgen befehlen, Ihr sollt Kinder gebären, Krankenschwestern für Kriegslazarette und neue Soldaten für neue Schlachten, Mütter in der Welt, dann gibt es nur eins: SAGT NEIN! MÜTTER, SAGT NEIN!
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