Um der Verbreitung radikalislamistischen Gedankengutes entgegenzutreten, hatte die Bezirksversammlung Hamburg-Mitte ein Verbot von salafistischen Infoständen gefordert. Bisher fehlt den Behörden aber ein ausreichender Grund für eine solche Maßnahme.
Hamburg-Mitte soll ein Ort der Vielfalt sein, aber keinen Platz für radikale Ideologien bieten. So lautete der Tenor eines SPD-Antrages, den die Bezirksversammlung im Oktober beschlossen hat. Nach schweren Ausschreitungen am Steindamm unter Beteiligung radikalislamistischer Salafisten wurde das Bezirksamt dazu aufgefordert, salafistische Infostände zu denen unter anderem kostenlose Koranverteilungen zählen, zu verbieten. Wie das Bezirksamt nun mitteilte, liegen für einen solchen Schritt jedoch keine ausreichenden Gründe vor.
Salafistische Glaubenswerbung reicht für ein Verbot nicht aus
Man habe sich eng mit dem Verfassungsschutz und dem Landeskriminalamt abgestimmt und die rechtlichen Möglichkeiten eines Verbotes geprüft, heißt es in der Mitteilung der Verwaltung an die Bezirksversammlung. Die Infostände könnten jedoch nur untersagt werden, wenn mit Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten durch die Veranstalter im Rahmen des Infostandes zu rechnen sei. Dazu könnten etwa die Verbreitung von Kennzeichen verbotener Vereinigungen, wie des Islamischen Staates (IS), oder das Verteilen von Propagandamaterial verbotener Vereinigungen zählen. Derartige Vorgänge habe man bisher im Rahmen der Koranverteilungen in Hamburg aber nicht feststellen können. „Allein die salafistische Glaubenswerbung reicht für ein Verbot nicht aus“, teilt das Bezirksamt mit.
Zu diesem Schluss kommt auch die Innenbehörde: Man teile zwar die Auffassung, dass von salafistischen Predigern und Organisationen erhebliche Gefahren für eine demokratische und pluralistische Gesellschaft ausgehen, es entspreche jedoch dem Rechtsverständnis, kritische Auffassungen und Äußerungen im Rahmen der Gesetze zuzulassen. Auch das Bundesverfassungsgericht stellt fest, dass ein Verbot verfassungsfeindlicher Meinungen nur dann möglich ist, wenn gleichzeitig durch die Meinungsäußerung eine Straftat begangen wird. „Die Voraussetzungen für ein Verbot lagen bisher nicht vor“, schreibt die Behörde. Man werde dies aber auch zukünftig sorgfältig überprüfen.
Salafisten agieren vorsichtig
Das Bezirksamt will sich weiter regelmäßig mit dem Landeskriminalamt und dem Verfassungsschutz darüber austauschen, ob an den Infoständen Straftaten begangen werden. Den Veranstaltern seien die rechtlichen Rahmenbedingungen bekannt, weshalb die Salafisten vorsichtig agieren würden. Dennoch werde der zur Verfügung stehende rechtlichen Rahmen für ein Verbot sofort ausgeschöpft, sollten Erkenntnisse vorliegen, die eine solche Maßnahme rechtfertigen.
Facebook
Twitter
Flattr
Google+
YouTube
Soundcloud
Paypal
Anmelden