Habemus Papam – Ghost in der Markthalle

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Musik
Justus Ledig

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Was für eine verstörende Show: Die okkulten Rock-Überflieger Ghost waren in der Markthalle und zogen Justus Ledig in ihren Bann.

Eine mysteriöse Kapelle sind Ghost aus Schweden. Erst wenige Jahre unterwegs, spielen sie melodischen Hardrock in satanischer Maske, sind unterdessen aber schon für einen Grammy nominiert und sorgen für ausverkauftes Haus in der Markthalle. Niemand scheint zu wissen, wer eigentlich hinter den Pseudonymen der verkleideten Musiker steckt. Diese Mischung befeuert die Neugierde auf die Show nicht wenig.

Als Support stehen erst mal Dead Soul auf der Bühne. Doch nee, das ist einfach nix. Ein Sänger mit Hut und Sonnenbrille sowie zwei Gitarren lassen sich von Samples begleiten und spielen irgendwas im Bereich des sphärischen Rocks. Jemand meint, es höre sich die ganze Zeit an wie ein Intro von Monster Magnet – in der Tat fehlt immer der Moment, dass es mal richtig losbräche. Belanglos und ohne echte Energie plätschern Dead Soul vor sich hin, sie wirken vor allem wegen des künstlichen Schlagzeugs vollkommen unorganisch. Auch sind an den Musikern keine Entertainer verlorengegangen. Die Vorband hätte man sich gut sparen können.

Weihrauch und Ghouls

Doch davon lässt sich niemand den Abend verderben, denn es soll noch Großes folgen. Als sich gegen 21 Uhr die volle Markthalle verdunkelt, steigt die Spannung. Es wird noch eine satte Viertelstunde dauern, bis das letzte einführende Kirchenmusik-Stück im Weihrauch-Nebel verklungen ist und Ghost in persona folgen. Grundgütiger! Man ist ja vorbereitet, dass die obskure Band in einem Aufzug erscheint, der seinesgleichen sucht. Sänger Papa Emeritus III. im satanischen Papst-Ornat, fünf weitere Musiker als “Nameless Ghouls” mit gehörnten Masken – das wirkt gewaltig. Vor allem der Kontrast zum harmlosen Sound der Schweden ist es, der eine ganz bizarre Stimmung erzeugt.

Die Geister wissen genau, wie sie die Massen verhexen. Mimik und Gestik des päpstlichen Sängers suchen ihresgleichen, während die identisch aussehenden Saiten-Ghouls über die Bühne flitzen. Als die erste Atempause einsetzt, wendet sich Papa Emeritus III. an die Menge. Nun, ein wenig fällt er aus der Rolle. Mehr als erwartet gibt sich der Sänger als Rockmusiker und spielt nur gelegentlich darauf an, dass hier eine Messe gefeiert wird. Wäre da mehr gegangen?

Hamburg zeigt sich papsttreu

Ach, jammern auf hohem Niveau. Mit seinen Ansagen hat der Obergeist jedenfalls die Markthalle stets auf seiner Seite – was mit den Songs nicht weniger gelingt. Aus vollen Kehlen singen die Hamburger die teuflisch-heiteren Rocknummern, insbesondere vom aktuellen Album “Meliora”, mit und reagieren auf die kleinen Handzeichen des Sängers mit großer Begeisterung. Ein dankbares Publikum, auf das Ghost derzeit wohl an fast jedem Fleck der Erde treffen.

Zwischendurch wird noch mal Weihrauch geschwenkt und die “Sisters of Sin” erscheinen, zwei Damen im Nonnenkostüm. Diese sollen ein mal durch die vorderen Reihen gehen, der Zweck erschließt sich von weiter hinten nicht. Traurig genug, dass Papa Emeritus III. darauf hinweisen muss, die Schwestern bitte nicht anzufassen. Es kommt zu keinem erkennbaren Zwischenfall.

Weil es sich lohnt, bei dieser Show auf Äußerlichkeiten zu achten, sei erwähnt, wie sich der Papst nach einer guten halben Stunde in einen vornehmen Herren mit Gehrock verwandelt. Ein bisschen schade, gefiel der hohe Würdenträger doch eine Spur besser. Ist es so warm in der Markthalle? Doch auch im feinen Zwirn bleibt der Auftritt gespenstisch-gut. Selbst als die erste Überwältigung abgeklungen ist, darf man eine erstklassige Rock-Darbietung genießen. Zum Ende des kurzweiligen Konzerts huldigen Ghost in einem kurzen Zugabenblock noch dem weiblichen Orgasmus (und Satan), um sich dann vornehm zu verabschieden. Vom Weihrauch betört und im wahrsten Sinne des Wortes begeistert geht es auf den Heimweg.

Kommentare anzeigen (1)

1 Kommentar

  1. Ingo

    13. Dezember 2015 at 14:12

    „Diese sollen ein mal durch die vorderen Reihen gehen, der Zweck erschließt sich von weiter hinten nicht.“

    Ich stand zwar auch recht weit hinten, aber die haben soweit ich das erkennen konnte, die (un)heilige Kommunion verteilt mit Hostien und Wein (was auch immer da in Wirklichkeit drin war).

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