61 Jahre alt, unzählige Drogen vernichtet und dennoch quietschfidel: Bobby Liebling und seine Band Pentagram kamen zur “Night of the Living Deaf” in den Klubsen. Justus Ledig war von dem Altmeister des Doom Metal schwer begeistert.
Wer von Pentagram erzählt, kommt nicht umhin, die Person des Bobby Liebling zu beleuchten. Der Amerikaner war viele Jahre wohl nie richtig nüchtern, gilt heutzutage allerdings als clean und sogar als wiedergeborener Christ. Dennoch geht er mit seiner Band, die seit 1971 existiert und trotz ihrer stilistischen Nähe zu den großen Black Sabbath nie richtig den Durchbruch schaffte, weiterhin auf Tour. So machen die Herren an jenem Freitagabend im Klubsen Halt.
Zu Anfang wird’s hanseatisch-finster
Ein ganz gediegener Ort, wie unsereins heute zum ersten Mal feststellen darf. Etwas abgelegen in Hammerbrook, doch eine angenehme Größe und sehr solide Akustik. Kurz vor 21 Uhr legen B.S.T. als lokaler Support los. Die seit mehr als 20 Jahren bestehende Band spielt wuchtigen Doom Metal mit deutschen Texten, die klar vorgetragen werden und damit schon eine Besonderheit darstellen. Der Laden ist ganz gut gefüllt, der schwere Sound gefällt sehr. Schnörkellos ziehen B.S.T. ihr Ding durch. Persönliches Highlight: das Christy-Moore-Cover “Ride On” – Irish Folk in stampfendem Metal-Gewand!
Zweiter Act zur “Night of the Living Deaf” sind The Order of Israfel. Hier klingt es etwas mehr nach Feierlaune, die Schweden bewegen sich im Bereich des psychedelischen Old-School-Doom. Getragenes Schlagzeug, hypnotische und manchmal fast heitere Riffs, lange Songs – so voll und ganz zünden die älteren Herren in der erst vor drei Jahren gegründeten Band allerdings nicht. Der Gesang ist etwas monoton und eine Bühnenshow findet kaum statt, auch wenn es schön zu sehen ist, wie die Musiker in ihrem eigenen Sound aufgehen. Mächtig zufrieden zeigen sich The Order of Israfel, die großen Pentagram unterstützen zu dürfen. Nach einer runden Dreiviertelstunde ist dann auch Nummer zwei fertig.
Hat der alte Hexenmeister sich noch einmal herbegeben …
Und damit zum Hauptact des Abends. Was hat man nicht alles schon über Bobby Liebling an Geschichten gehört! Eines ist klar: Enttäuscht von diesem Frontmann dürfte niemand sein. Mit einer Performance, die viele Jungspunde alt aussehen lässt, wuselt Liebling auf seinen High Heels über die Bühne des Klubsen, schneidet Grimassen, kniet vor seinen Bandkollegen nieder, fordert das Publikum (nicht nur mit nuscheligen Ansagen) heraus und wirft so die Frage in den Raum, ob wirklich alle Drogen aus seinen Blutbahnen herausgewaschen worden sind. Was für ein Typ!
Natürlich ist es unfair, den restlichen Mitgliedern von Pentagram so wenig Beachtung zu schenken. Aber schließlich ist der Sänger der uneingeschränkte Kopf der Band und die anderen drei Herren erst spät dazugestoßen. Für den sehr anregenden Sound der Amerikaner zeichnen freilich auch die trefflichen Instrumentalisten verantwortlich. Und so bangt und tanzt der wohlgefüllte Klubsen begeistert unter den irren Augen von Bobby Liebling, als ob es kein Morgen gäbe.
Pentagram nehmen sich Zeit für ihre Fans. Die fast 45-jährige Bandgeschichte hat zwar nicht so viele Songs zu bieten, wie man bei dieser Historie vermuten könnte, aber für einen ausgedehnten Ritt durch die Jahrzehnte langt’s allemal. Ob Wünsche in der Fanschar offen bleiben, wer weiß das schon. An der Darbietung der Band sollte es nicht gelegen haben. Ach ja: Wurde eigentlich schon erwähnt, was für ein Teufelskerl Bobby Liebling ist? Möge er noch viele Jahre leben und die Bühnen dieser Welt beehren!
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