Politik

Schulstreik in Hamburg: „Wir wollen direkten Einfluss auf die Politik nehmen.“

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Dominik Brück
@dobrueck

| M.A. Politikwissenschaft | E-Mail: brueck@hh-mittendrin.de

In der Hamburger Innenstadt haben mehrere Tausend SchülerInnen für ein Bleiberecht der Gruppe „Lampedusa in Hamburg“ demonstriert. Mittendrin hat sich bei den Kindern und Jugendlichen nach ihren Motiven für den Schulstreik umgehört.

Am Donnerstag ist für rund 3.500 SchülerInnen der Unterricht ausgefallen. Stattdessen demonstrierten Kinder und Jugendliche von der Grundschule bis zur Oberstufe für ein Bleiberecht der Gruppe „Lampedusa in Hamburg“ und gegen die europäische Flüchtlingspolitik. Der Veranstalter gab die TeilnehmerInnenzahl mit 5.000 an. Die SchülerInnen fordern nicht nur ein Bleiberecht aus humanitären Gründen für die Gruppe „Lampedusa in Hamburg“. Auch der sofortige Stopp aller Abschiebungen sowie der freie Zugang zu Bildung, Ausbildung und Arbeit unabhängig vom Aufenthaltsstatus und die Abschaffung der Residenzpflicht, gehören zum Forderungskatalog des Schulstreiks.

Vom Hachmannplatz zog die Demo mit Zwischenkundgebungen in der Mönckebergstraße und vor der Ausländerbehörde zur SPD-Parteizentrale. Kritik wurde besonders an der Flüchtlingspolitik des Senats laut. „Ganz Hamburg hasst die SPD“ und „Kein Mensch ist illegal, Bleiberecht überall“, riefen die DemonstrantInnen. Die Polizei riegelte das Gebäude ab, musste aber nicht eingreifen – der gesamte Schulstreik verlief friedlich.

Warum die SchülerInnen streiken

Im Vorfeld hatte es Kritik an der Aktion, die von der Lehrergewerkschaft GEW unterstützt wird, gegeben. Den SchülerInnen wurde vorgeworfen, nicht an dem politischen Engagement, sondern an einem schulfreien Tag interessiert zu sein. „Wer schwänzen will, chillt zuhause und demonstriert nicht in der Kälte“, entgegnet ein Sprecher des SchülerInnenbündnisses. Mittendrin hat bei den SchülerInnen nachgefragt, warum sie sich an dem Streik beteiligt haben:

Svea engagiert sich schon seit drei Jahren in dem Projekt „Schule gegen Rassismus“ und gibt beispielsweise Flüchtlingskindern Nachhilfe. „Es ist mir wichtig, dass die Flüchtlinge bleiben können und eine angemessene Schulbildung bekommen“, sagt sie. Nadia regt sich über den Umgang des Senats mit den Flüchtlingen auf. „Der Senat könnte mehr tun. Wir werden nicht im Schulunterricht sitzen, während in unserer Stadt so mit Menschen umgegangen wird“, sagt sie. „Wir wollen direkten Einfluss auf die Politik nehmen“, so Nadia weiter. Quan geht es nicht nur um die Lampedusa-Flüchtlinge auch die täglichen Sorgen und Nöte anderer Flüchtlinge oder die umstrittene Abschiebung zahlreicher Menschen, bringen ihn auf die Straße. „Jeder sollte die gleichen Rechte wie wir haben“, sagt Quan. Auch ein Freund von Sergio in mit seiner Familie abgeschoben worden. Deshalb demonstriert er für ein Bleiberecht von Flüchtlingen. „Ich möchte einfach, dass die Menschen, die zu uns kommen, auch hier leben dürfen“, sagt er.

„Die rassistischen Kontrollen der SPD sind nicht hinnehmbar“, sagt Fabio. Er sei demonstrieren gegangen, da er gegen Kontrollen aufgrund der Hautfarbe sei. Flora will ein Zeichen für die Flüchtlinge setzen. „Wir müssen zeigen, dass es uns nicht egal ist, was mit den Menschen in unserer Stadt passiert“, sagt sie. „Die Flüchtlinge kommen aus einem armen Land. Wir sind ein reiches Land und deshalb sollten wir ihnen helfen“, sagt Lilly. So sieht es auch Ivan: „Es ist unfair, dass die Flüchtlinge in einem so reichen Land nicht bleiben dürfen, wo sie doch nichts haben.“

Leonie sagt: „Kein Mensch sollte irgendwo illegal sein, nur weil er nicht dort geboren wurde.“ Marie wünscht sich eine neue Heimat für die Flüchtlinge in Hamburg. „Sie wurden doch schon so oft woanders hin abgeschoben. Da haben sie doch hier eine Heimat verdient“, sagt sie. Anni setzt sich nicht nur für Flüchtlinge ein, sonder ist auch schon auf anderen Demos gewesen. „Es ist wichtig sich zu engagieren und für etwas einzutreten“, sagt sie.

Als sich die Demo vor der SPD-Zentrale langsam auflöst ruft der Sprecher auf dem Lautsprecherwagen den SchülerInnen noch ein paar letzte Worte zu: „Danke, dass ihr alle so engagiert seid. Der Senat kann sich sicher sein, wenn er seine Politik nicht ändert, kommen wir wieder.“


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