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Zu Gast in der Rindermarkthalle

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Dominik Brück
@dobrueck

| M.A. Politikwissenschaft | E-Mail: brueck@hh-mittendrin.de

Stahlgerippe ranken sich die historische Backsteinfassade empor. Vom Keller bis zum Dach ist die Rindermarkthalle auf St. Pauli in ein Skelett aus Gerüstbauten eingeschlossen. Bauarbeiter sind damit beschäftigt weitere Elemente in das Gewirr aus Metallpfeilern und Gerüstböden einzufügen. Während die Neugestaltung des Gebäudes langsam konkrete Formen annimmt luden Bauherr EDEKA Nord und das Team des Projektentwicklers Maßmann Immobilien am Sonnabend interessierte Bürgerinnen und Bürger ein sich selbst ein Bild von der Großbaustelle zu machen.

Die Rindermarkthalle wurde zu Beginn der 1950er Jahre als zentraler Viehmarkt in unmittelbarer Nachbarschaft des Heiligengeistfeldes errichtet. Nur zwanzig Jahre später wurde das Gebäude dann für die Nutzung als Einzelhandelswarenhaus umgebaut und beherbergte bis 2010 verschiedene Handelsunternehmen, darunter Wal Mart und Real. 2012 entschied die Stadt Hamburg die Rindermarkthalle zunächst für zehn Jahre an die EDEKA Nord Unternehmensgruppe zu vermieten, die im Rahmen der erneuten Nutzung des Gebäudes umfangreiche Umbaumaßnahmen begonnen hat.

Thilo Wierzock, Leiter der Bauabteilung bei EDEKA Nord, führt die Besucher über die Baustelle. Zunächst geht es über spröde Betonböden, die das Gebäude umgeben. Früher waren hier Parkplätze, in Zukunft besteht die Möglichkeit Raum für Grünflächen, Urban Gardening und einen Kinderspielplatz zu schaffen. Nach einem kurzen Fußweg steht die Gruppe vor dem zukünftigen Haupteingang. Ein großes Loch klafft in der Gebäudeseite und gibt den Blick in einen kalten Rohbau frei. Die zahlreichen Stahlbetonpfeiler sind der einzige Blickfang. Sie stützen das darüber liegende Parkdeck. „In dem neuen Konzept soll hier ein Marktplatz entstehen, der über den Eingang in eine Markthalle führt an die dann die Verkaufsflächen von EDEKA, Budni und Aldi angrenzen“, sagt Architekt Wierzock. Über einen der Treppenaufgänge in den turmartigen Aufbauten der Rindermarkhalle geht es in das Obergeschoss. „Hier soll Raum für eine stadtteilbezogene Nutzung geschaffen werden“, erklärt Wierzock. Noch kann man sich nur schwer vorstellen, dass die trüben Wartungsräume und ehemaligen Bürozimmer bald Platz für Ateliers, Musikräume, eine Kita und eine Moschee bieten sollen. Zum Abschluss der Führung zeigt uns Thilo Wierzock das Parkdeck unter der beeindruckenden gläsernen Dachkonstruktion. „Leider ist es nicht möglich einen Durchbruch in das Untergeschoss zu schaffen und das Dach erlebbar zu machen“, sagt Wierzock. Die Besucher und Nutzer des Obergeschosses sollen allerdings einen Blick auf die verwinkelten Fenster des Daches bekommen. Die Zugänge zu den Räumen der stadtteilbezogenen Nutzung sollen hier an einer Galerie liegen und so für jeden leicht erreichbar sein.

„Die Umgestaltung ist schon ein ganz besonderes Projekt“, sagt Wierzock. Schon der Umfang der erforderlichen Baumaßnahmen verdeutlicht den Unterschied zu vergleichbaren Projekten. Fassade und Fenster sind beschädigt und nicht ausreichend gedämmt. Im Innenraum müssen die Überbleibsel der vorherigen Nutzung durch die Supermarktkette Real entfernt werden. Zusätzlich gilt es Teile der alten Belüftungsanlage auszubauen und durch neue Elemente zu ersetzen. Auch sind noch heute Teile der ursprünglichen Nutzung als Viehmarkt zu erkennen und müssen an das neue Konzept angepasst werden. „Wir führen hier das größte Bauprojekt durch, welches die EDEKA Nord derzeit bewältigt“, verdeutlicht Architekt Wierzock. Zu allem Übel hat sich das Gebäude im Laufe der Jahre verschoben. Tiefe Risse durchziehen jetzt den Boden an einigen Stellen des Obergeschosses und ermöglichen Besuchern einen ungewollten Blick auf die untere Etage.

Zehn Millionen Euro werden insgesamt in die Neugestaltung der Rindermarkthalle investiert werden. Zum Vergleich: Der Bau eines normalen Supermarktes schlägt mit zwei Millionen Euro zu Buche. Auch die historische Bedeutung und der enge Bezug zum Stadtteil tragen neben diesen Dimensionen des Projektes zu der Besonderheit des Baus bei. „Es ist für mich ganz persönlich wichtig die originale Rotklinkerfassade zu erhalten, da das Bauwerk tief im Stadtteil verwurzelt und historisch bedeutsam ist“, sagt Wierzock. Hier ist auch die Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger an der weiteren Planung begründet, die EDEKA sich auf die Fahnen geschrieben hat. „Das ist natürlich eine zusätzliche Herausforderung für uns. Wir müssen bei laufenden Bauarbeiten in der Lage sein Änderungen einfügen zu können“, erläutert Thilo Wierzock.

Die Einbindung der Bevölkerung stand bei der offenen Baustellenbegehung derweil nicht im Vordergrund. Während es im Rahmen des ersten Planungsworkshops noch heftige Diskussionen gab, waren die Besucher der Baustelle besonders an Informationen zur zukünftigen Nutzung der Räumlichkeiten interessiert. „Heute sind vor allem Anwohner gekommen, die sehen wollten was hier in ihrer Nachbarschaft entsteht“, sagt Peter Maßmann, Eigentümer von Maßmann Immobilien. „Viele Besucher haben auch Interesse geäußert Flächen anzumieten. Daher gab es einige Fragen zu Preisen und Nutzungsmöglichkeiten“, so Maßmann weiter. Ungefähr zweihundert Menschen nahmen das Angebot Einblick in die laufenden Arbeiten zu nehmen. Weitere Workshops zur Bürgerbeteiligung sind derzeit in Planung. In der Zwischenzeit gehen die aufwändigen Arbeiten in der Rindermarkthalle weiter. Die Eröffnung ist für Anfang 2014 geplant.

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