Politik

Rindermarkthalle: Schachern wie auf dem Viehmarkt

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Dominik Brück
@dobrueck

| M.A. Politikwissenschaft | E-Mail: brueck@hh-mittendrin.de

Die Aula des Wirtschaftsgymnasiums St. Pauli ist am Montagabend bis auf den letzten Platz besetzt. BezirkspolitikerInnen aller Fraktionen, AnwohnerInnen, Gewerbetreibende und Stadtteilinitiativen sind gekommen, um über die Planungen der zukünftigen Rindermarkthalle und den aktuellen Stand der Bauarbeiten informiert zu werden.

Die Stimmung scheint zunächst entspannt. Am Eingang zur Schule werden Flyer und die dazugehörigen symbolischen „Brotkrumen für St. Pauli“ verteilt. Eine Initiative aus dem Stadtteil will damit auf den, aus ihrer Sicht, zu geringen Anteil stadtteilbezogener Nutzungsmöglichkeiten des zukünftigen Areals aufmerksam machen. Schon zu Beginn der Veranstaltung zeigt sich, die Initiative vertritt nicht die Forderungen aller anwesenden Paulianer. Die Aula ist gespalten. Befürworter und Gegner der Investorenpläne unterbrechen sich regelmäßig gegenseitig durch laute Zwischenrufe.

Ein wesentlicher Vorwurf der Gegner des Projektes, das hier einer breiteren Öffentlichkeit vorgestellt werden soll, ist die mangelnde Einbindung der Bürger in den Planungs- und Gestaltungsprozess. Auch der Vertreter der EDEKA Nord Gruppe, Peter Saur, hat dieses Problem erkannt: „Wir haben unterschätzt, welche Bedeutung das Objekt im Stadtteil hat. Diesen Fehler wollen wir jetzt korrigieren“. Die Veranstaltung soll somit den Beginn einer verstärkten Einbindung der Anwohner und Initiativen in den weiteren Bau- und Planungsprozess darstellen. Peter Maßmann, der den Bau mit seinem Immobilienunternehmen für EDEKA begleitet, betont: „Das gesamte Konzept soll einen klaren Bezug zum Stadtteil haben. Wir präsentieren hier keine fertigen Pläne sondern Ideen, die von allen mitgestaltet werden sollen“. Im Verlauf der Veranstaltung werden jedoch sehr konkrete Pläne von Seiten des Investors EDEKA präsentiert.

Als Thilo Wierzock, zuständig für Bauangelegenheiten bei EDEKA Nord, das Konzept des Unternehmens für das ca. 30.000 Quadratmeter große Areal der Rindermarkthalle vorstellt, erntet er donnernden Applaus des Plenums. Nach den Vorstellungen des Investors soll im Erdgeschoss eine Markthalle mit angrenzenden Ladenflächen entstehen. EDEKA würde dabei ca. 4800 Quadratmeter Verkaufsfläche beanspruchen. Auch für Budni, einen Aldi und andere bisher nicht näher genannte Läden bleibt in den Plänen im Erdgeschoss viel Platz. Im Obergeschoss sollen ca. 800 Quadratmeter für stadtteilbezogene Nutzung zur Verfügung stehen. Geplant sind ebenso eine Kindertagesstätte mit 900 Quadratmetern Fläche und kleinere Büroräume mit rund 1100 Quadratmetern geplant. Die bereits bestehende Moschee soll auf insgesamt 790 Quadratmeter vergrößert werden. Planungen die Zustimmung unter vielen Anwesenden finden.

Phillip Meier, Vertreter der Sanierungsbeiräte Wohlwillstraße, Karolinenviertel und Sternschanze, hält dagegen: „Die Bürger wurden bisher kaum in die Planungen eingebunden. Unsere Wünsche sind durch den Bezirk konsequent ignoriert worden“. Tosender Beifall aus dem Eingangsbereich der Aula bestätigt ihn. Nach Ansicht der Bürgerinitiative „Areal Alte Rindermarkthalle“ sollen die Ladenflächen im Erdgeschoss stark verkleinert werden. Zudem sollen geplante Parkplätze einem Garten weichen und innerhalb des Gebäudes mehr Raum für Werk- und Kulturstätten geschaffen werden. „Die Rindermarkthalle soll ein echter Treffpunkt für den Stadtteil und kein großes Einkaufszentrum sein“, sagt Meier. Die Ideen der Initiative stammen zu einem großen Teil aus 650 Fragebögen, die innerhalb des Stadtteils verteilt worden waren.

Was genau die Wünsche der Mehrheit der Einwohner von St. Pauli sind, kann niemand sagen. Das Plenum in der Aula des Wirtschaftsgymnasium ist, wie der Stadtteil, gespalten über die Frage nach dem zukünftigen Aussehen der Markthalle. Viele Einzelinteressen scheinen bei dieser Debatte eine Rolle zu spielen und es ist bereits jetzt klar, dass nicht alle Forderungen erfüllt werden können. Bei all dem hin und her ist vielleicht aus dem Blick geraten, welches Angebot durch die Vertreter der Investorengruppe gemacht wurde. Die umfassende Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger an den weiteren Planungen. Auch wenn diese Möglichkeit anderthalb Jahre vor der geplanten Fertigstellung der neuen Rindermarkthalle spät erscheint, so bietet es Chancen für den Stadtteil. Voraussetzung hierfür ist nicht nur die Umsetzung des Beteiligungsversprechens von Seiten des Investors, sondern auch die Akzeptanz mehrheitlich gefundener Lösungen. Weiteres wird sich insbesondere im Rahmen der Diskussionsplattform zeigen. Hier sind kontroverse Debatten bereits jetzt vorprogrammiert.

Hier geht es zum Mittendrin Kommentar zur versuchten Bürgerbeteiligung bei der Gestaltung der Rindermarkthalle.

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