St. Pauli: „Ein Recht auf Stadt gilt auch für Geflüchtete“

Foto: Henry Lührs
Politik
Isabella David
@isabelladavid89

Chefredakteurin | Studentin der Politikwissenschaft an der Universität Hamburg | Kontakt: david@hh-mittendrin.de

Im Anschluss an die traditionelle Gewerkschaftsdemonstration zum Tag der Arbeit haben tausende Menschen am Freitagnachmittag auf St. Pauli ein lautstarkes Zeichen für die Rechte von Geflüchteten gesetzt. Zu der Demonstration hatte das Bündnis „Recht auf Stadt – never mind the papers“ aufgerufen. 

„Jeder Mensch, der an den Grenzen Europas stirbt, ist einer zu viel“, sagte Katja Karger, Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB) am Freitagmittag bei der Abschlusskundgebung der traditionellen Demonstration zum Tag der Arbeit auf dem Fischmarkt. Kritik, die sich nicht nur gegen die Europäische Union, sondern auch die rot-grüne Landesregierung richtet. Gerade was die „soziale Spaltung“ der Stadt betreffe, gehe der Koalitionsvertrag nicht weit genug, so Karger. So fordert der DGB beispielsweise eine Arbeitserlaubnis für Geflüchtete, die in Hamburg leben.

Eine zentrale Forderung, die auch das Bündnis „Recht auf Stadt – Never mind the papers“ unterstützt, das am Nachmittag zu einer weiteren Demonstration aufgerufen hatte. Laut Veranstalter protestierten mehr als 7000 Menschen auf St. Pauli für die Rechte von Geflüchteten; die Polizei geht von 3800 Teilnehmern aus. Der Protest richtete sich gegen die Flüchtlingspolitik der Europäischen Union, die geplante Verschärfung des Asylrechts sowie den Umgang des rot-grünen Senats mit der Gruppe „Lampedusa in Hamburg“. Während der Alleinregierung der Sozialdemokraten hatten sich die Grünen immer wieder für eine Gruppenlösung für die Geflüchteten eingesetzt. In den Koalitionsverhandlungen konnten sich die Grünen damit jedoch nicht durchsetzen.

Feuerwerk und Pfiffe statt Schweigen

„Unsere Forderungen haben wir im Januar mit über 8000 Menschen auf die Straße getragen: Gleiche soziale Rechte für alle, würdiges Wohnen, medizinische Versorgung, Arbeitserlaubnisse und ein bedingungsloses Bleiberecht“, fasst Nadja Sanchez die Forderungen des Bündnisses „Recht auf Stadt – Never mind the papers“ zusammen. Migration und Flucht bewege die Menschen in ganz Europa, während die Politik „ignorant und tatenlos“ bleibe.

„Wir prangern die Doppelmoral des Hamburger Senats an. Einerseits zeigen sich die Politiker aufgrund der Toten im Mittelmeer medienwirksam betroffen, andererseits verweigern sie den Geflüchteten, die es trotz aller widrigen Umstände hierher geschafft haben, ein menschenwürdiges Leben.“, erklärt Bündnissprecher Ali Müller. Statt mit Schweigeminuten wollte das Bündnis am Freitag ein lautstarkes Zeichen für ein Umdenken in der Flüchtlingspolitik setzen. Mit Musik, Pfeifen und Feuerwerkskörpern machten die Demonstranten ihrer Wut und ihren Forderungen entlang der Route durch St. Pauli immer wieder Luft.

1. Mai DGB, Christian Schnebel

Ihre Politik steht im Kritk des Büdnisses: Katharina Fegebank (Grüne) und Olaf Scholz (SPD) auf der Gewerkschaftsdemonstration am Freitagmittag. (Foto: Christian Schnebel)

Rot-grün im Rathaus: „Keine Verbesserungen für Geflüchtete“

Das Bündnis fürchtet, dass die neue Koalition aus SPD und Grünen, die Lage der Geflüchteten in Hamburg nicht verbessert. „Im Gegenteil“, meint „Recht auf Stadt“-Aktivist Martin Vega. Er spricht nicht nur vom ausgebliebenen Bleiberecht von „Lampedusa in Hamburg“, sondern auch von den geschlossenen Unterbringungen für minderjährige unbegleitete Flüchtlinge. Die Bestrebungen, Geflüchtete in Hamburg vermehrt dezentral unterzubringen, hält das Bündnis nur für eine „vage Absicht“ des rot-grünen Senats.

Die bunte und laute Großdemonstration durch St. Pauli endete am späten Nachmittag am Bismarck-Denkmal. „Wir haben den Endpunkt der Demonstration bewusst gewählt,“ erklärt Ali Müller.„Dafür, dass das Bismarck-Denkmal, eines der größten Sinnbilder für den Hamburger Wirtschaftskolonialismus und deutschem Weltmachtdenkens, jetzt auch noch für mehrere Millionen restauriert werden soll, fehlt uns jedes Verständnis.“ Eine gründliche Aufarbeitung mit Hamburger Kolonialzeit wäre aus Sicht des Bündnisses dringend notwendig.

Fotos: Henry Lührs & Christian Schnebel
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