Politik

Maximilian-Kolbe-Kirche: Erhalt ist eine Frage des Geldes

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Dominik Brück
@dobrueck

| M.A. Politikwissenschaft | E-Mail: brueck@hh-mittendrin.de

Der geplante Abriss der Maximilian-Kolbe-Kirche in Wilhelmsburg ruft bei AnwohnerInnen und DenkmalschützerInnen Entsetzen hervor. Das Erzbistum Hamburg kann sich einen Erhalt vorstellen, benötigt hierzu jedoch Geld und mehr Zeit.

Viele WilhelmsburgerInnen bangen um ein Baudenkmal in ihrem Stadtteil. Das Schicksal der Maximilian-Kolbe-Kirche schien fast schon besiegelt: der Abrissantrag liegt seit Monaten beim Bezirksamt-Mitte vor und auch die Verträge für den Verkauf des Grundstücks sind bereits unterschrieben – der Abriss der 1973 errichteten, denkmalgeschützten Kirche ist im Kaufvertrag festgeschrieben. Auf der Elbinsel riefen die Abrisspläne einen Sturm der Entrüstung hervor. Auch im Amt für Denkmalschutz zeigt man wenig Verständnis: „Als ich von den Plänen gehört habe, war ich fassungslos“, sagt Andreas Kellner, Leiter des Amtes im Rahmen einer Diskussionsveranstaltung, zu der der Denkmalverein Hamburg am Mittwoch eingeladen hatte. Hier zeigt sich, dass der Erhalt der Kirche vor allem eine Frage des Geldes ist – um dieses aufzutreiben wird jedoch mehr Zeit für Gespräche benötigt.

Erzbistum spricht von schwerer Entscheidung

Den Entschluss das Gotteshaus in Wilhelmsburg aufzugeben, hat das Erzbistum Hamburg schon lange gefasst. Bisher wurde der eingereichte Abrissantrag jedoch immer wieder ausgesetzt, da auch im örtlichen Vorstand der Kirchengemeinde zahlreiche Stimmen gegen einen Abriss sprechen. In der Diskussionsrunde äußern einige Gemeindemitglieder sogar den Vorwurf, es habe Druck von oben gegeben, den Plänen des Bistums zuzustimmen. Laut Stephan Dreyer vom Erzbistum Hamburg habe man auf eine Entscheidung vor Ort gedrängt, da es nicht möglich sei anderen Gemeinden zu erklären, warum man hier die Kirche um jeden Preis erhalten wolle. „Leider müssen wir aktuell verstärkt Kirchen aufgeben. Das ist immer eine schwere und schmerzliche Entscheidung“, sagt Dreyer. Dies sei jedoch notwendig, da die Gottesdienste in vielen Kirchen nicht ausreichend besucht seien. Zudem fehle der Kirche das Geld für einen weiteren Betrieb.

In Wilhelmsburg sollen die Gläubigen zukünftig in der Kirche St. Bonifatius, die frisch saniert wurde, zum Gottesdienst gehen können. Auf dem Gelände der Maximilian-Kolbe-Kirche ist ein Erweiterungsbau des angrenzenden Altersheims geplant, das die Malteser betreiben sollen. „Wir müssen das Altersheim auch auf eine wirtschaftliche Grundlage stellen“, sagt Dreyer. Zudem sei das Kirchengebäude laut Experten nicht zu erhalten. Der Beton sei marode und nicht witterungsbeständig. Um seinen Worten Nachdruck zu verleihen hat Dreyer ein großes Betonstück mitgebracht, das von der Kirche abgefallen ist.

Das letzte Wort hat die Kirche

Andreas Kellner sieht das anders. Für den Denkmalschützer ist eine Sanierung grundsätzlich möglich und aufgrund der historischen Bedeutung des Bauwerks auch geboten. „Kirchen sind immer auch steingewordene Stadtgeschichte und Zeugnisse der Stadtentwicklung“, sagt Kellner. Im Fall der Maximilian-Kolbe-Kirche spreche daher nicht nur die besondere architektonische und künstlerische Qualität für einen Erhalt, auch die historische Bedeutung sei ein wichtiges Argument. Gebaut als Anlaufstelle für viele polnische Katholiken, wurde die Kirche von einem deutschen und polnischen Pastor gemeinsam geweiht. Das sei zu dieser Zeit besonders vor dem Hintergrund der deutschen Teilung etwas Besonderes gewesen. „Hier in Wilhelmsburg wurde auch ein kleines Stück deutsche Geschichte geschrieben“, erklärt Kellner.

Das Denkmalschutzamt will sich daher an einer Sanierung substantiell beteiligen. Auch wenn eine religiöse Nutzung nicht weiter möglich sei, müsse man sich Gedanken über andere Konzepte machen. In der kommenden Woche soll es daher auf der Internetseite des Amtes die Möglichkeit geben, Vorschläge und Ideen einzureichen. Einfluss auf die Entscheidung über den Abriss kann der Denkmalschützer aber nicht nehmen: „Im Fall kirchlicher Denkmäler hat die Kirche das letzte Wort, wir können hier nur beraten“, sagt Kellner. Es sei aber auch in den Richtlinien der Kirche geregelt, dass ein Abriss nur die ultima ratio sein könnte.

Weitere Gespräche geplant

Das bestätigt auch Stephan Dreyer: „Ich bin voller Hoffnung, dass wir die Kirche erhalten können“, sagt der Vertreter des Erzbistums. Am Ende müsse das aber auch auf Dauer finanzierbar sein. Der wirtschaftliche Betrieb des Altenheims habe hier eindeutig Vorrang. In der kommenden Woche soll es ein weiteres Gespräch mit den Maltesern über Möglichkeiten geben, den Betrieb des Altersheims auch bei einem Erhalt der Kirche zu sichern.

Denkmalschützer Kellner hofft hier auf einen Neuanfang der Debatte, nachdem der Abriss in den vergangenen Wochen schon als unausweichlich schien. „Der Gesprächstermin sollte auf jeden Fall nicht das Ende sondern der Anfang eines Prozesses sein“, sagt Kellner. Er wünscht sich daher ein Moratorium für den Abrissantrag, um ausreichend Zeit für das Abwägen aller Möglichkeiten zu haben.

Auch Oberbaudirektor Jörn Walter ist davon überzeugt, dass im Fall der Maximilian-Kolbe-Kirche das letzte Wort noch nicht gesprochen ist: „Wir hatten in Hamburg schon kompliziertere Fälle, die wir auch zu einem guten Ende geführt haben.“

Auch veröffentlicht bei Zeit Online

Foto: von Hinnerk11 (Eigenes Werk) [CC-BY-SA-3.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0)], via Wikimedia Commons

Kommentare anzeigen (4)

4 Kommentare

  1. ichoderdu

    24. April 2014 at 10:25

    Moin, selten so ein schäbiges Gebäude gesehen( einfach irgendwelche Betonplatten ohne jede Farbe oder Struktur). Weiß nicht warum da jetzt so ein Theater drum gemacht wird das es erhalten werden soll. Erweiterung des Altenheimes wäre sowohl für die Gesellschaft als auch für die Kirche die richtige Entschiedung meiner Meinung nach weil es sich beim Pflegebereich um einen starken Wachstumsmarkt handelt. Kirchen hingegen werden immer überflüssiger weil das Interesse an diesen immer mehr abnimmt. Wie ja auch in dem Artikel erwähnt wird.

    • Philipp Anz

      24. April 2014 at 15:25

      sehe das auch so, die Architektur ist abweisend, – aber ist eine Erweiterung des Altenheimes notwendig, wo wir doch offensichtlich Überkapazitäten haben, siehe die Insolvenz einiger Altenheime der Caritas gGmbH? – Es wäre gut, wenn hier „HH-Mittendrin“ noch mal nach hakt, … – wenn die Kirche abreißen und auf der Fläche Wohnungen bauen! –

  2. Kent

    24. April 2014 at 19:38

    Nun, über Geschmack lässt sich nicht streiten. Ich halte das Gebäude, das ich bisher nur von Fotos kenne, für architektonisch Wertvoll und eine innovative Interpretation einer Kirche. Natürlich kann die Fassade eine frischen Anstrich vertragen, der die Formen wieder strahlen lässt. Ich kann mir, bei Eignung der Räume, eine Nutzung als Kulturzentrum mit Theater gut vorstellen. Die Lage direkt am Bahnhof spräche sicher auch dafür.

  3. Jörg Seifert

    25. April 2014 at 21:56

    Schade eigentlich, dass verwitterter Beton offenbar noch immer als schäbig, abweisend – ja menschenfeindlich – empfunden wird. Dabei offenbart er doch die technische Fähigkeit des Menschen, künstlichen Stein herzustellen und nach seinen Vorstellungen frei zu formen.

    Dass bereits das Pantheon quasi aus „Beton“ gegossen wurde, scheint ja den staunenden Rom-Touristen nicht zu stören.

    Das Material Beton wird nach wie vor abgelehnt, weil es stellvertretend für die Paradigmen einer Zeit steht, die Fortschritt und Wohlstand mit Rationalität, Ausdifferenzierung, Technisierung, Massenproduktion und Großsiedlungen gleichsetzte – was bekanntermaßen zu Anonymität, Entmischung, Langeweile und Verödung geführt hat. Als sichtbares Zeichen dieser Zeit muss der Beton wohl noch immer als Sündenbock für die Irrtümer und nicht erfüllten Versprechen der Moderne herhalten.

    Die Zeugnisse dieser in vielen Punkten überholten Zeit zu erhalten, könnte aber auch Ausdruck einer Gelassenheit sein, die sich aus dem Bewusstsein speist, diese Irrtümer der Vergangenheit erkannt und überwunden zu haben.

    Wenn es gelingt, das einzelne Baudenkmal aus der symbolischen Sündenbock-Falle zu lösen und unvoreingenommen für sich selbst sprechen zu lassen, dann entdeckt man vielleicht, dass Betonoberflächen eine ähnliche Poesie entfalten können wie das Bruchsteinmauerwerk einer alten Burg oder die Backsteinfassade eines hanseatischen Kirchen- oder Rathausbaus.

    Zugegeben, bei einer Kirche in Wilhelmsburg mag dieser Blick etwas schwerer fallen als bei einer Luxusvilla in Hollywood oder der Schweiz…

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