Politik

Jurist äußert Zweifel an Angriff auf Davidwache

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Am Samstag, den 28. Dezember hätten vermeintlich linksradikale Täter die Davidwache auf der Reeperbahn angegriffen und dabei einen Polizisten schwer verletzt. Dies meldeten zahlreiche Medien und beriefen sich dabei auf die Pressestelle der Hamburger Polizei. Demzufolge seien etwa 30-40 schwarz gekleidete Personen gegen 23 Uhr vor das Polizeikommissariat an der Davidstraße gezogen. In der Meldung der Polizei heißt es: „Als Polizeibeamte daraufhin aus der Davidwache herauskamen, wurden sie an der Ecke Reeperbahn/ Davidstraße aus der Personengruppe heraus gezielt und unmittelbar mit Stein- und Flaschenwürfen angegriffen. Dabei erlitt ein Polizeibeamter (45) einen Kiefer- und Nasenbruch sowie eine Gesichtsschnittverletzung, als ihm einer der Täter aus nächster Nähe einen Stein ins Gesicht schlug.“

Rechtsanwalt Andreas Beuth, der unter anderem die AktivistInnen der Roten Flora juristisch vertritt, hat nachrecherchiert – der Tathergang an jenem Abend sei falsch wiedergegeben worden, behauptet der Jurist nun im Gespräch mit Mittendrin. Zwar habe es einen Vorfall rund 200 Meter entfernt von der Davidwache in der Hein-Hoyer-Straße gegeben, bei dem ein Polizist von einem Passanten verletzt wurde. Dass es sich bei dem Täter um eine Person aus der linken Szene handle, sei jedoch nicht sicher – „genauso kann es sich um eine Auseinandersetzung mit feiernden Kiezgängern gehandelt haben“, sagt Beuth. Der vermeintliche Angriff auf die Davidwache wenige Minuten zuvor fand Beuths Recherchen zufolge nicht statt – weder seien 30-40 vermummte, Parolen skandierende Personen vor der Wache aufgelaufen, noch sei es dort zu Bedrohungen von PolizeibeamtInnen oder Beschädigungen am Gebäude gekommen.

Die entscheidenden Informationen, die ihn zu dieser „Richtigstellung des Tathergangs“ veranlassten, seien ihm im Rahmen seiner juristischen Tätigkeit durch verschiedene Augenzeugenberichte bekannt geworden. Eine politische Motivation hinter der Attacke auf den Polizeibeamten auf dem Kiez könne nicht durch Fakten belegt werden, sagt Andreas Beuth. Durch die Meldung eines Angriffs durch die Rote Flora solle jedoch genau dies impliziert werden. „Sowohl die Politik, als auch die Führungseliten der Polizei haben ein Interesse daran, den Konflikt mit der linken Szene zuzuspitzen – damit werden soziale Konflikte, die noch vor kurzem in den Medien diskutiert wurden, in den Hintergrund gedrängt“, sagt Beuth. Eigene politische Interessen lägen hinter den Gefahrenprognosen der Polizei, die sich unter anderem auch auf den Vorfall an der Davidwache berufen hatte, um die Einrichtung eines umfassenden Gefahrengebietes zu legitimieren, so Beuth. Er selbst erlebe seit Jahrzenten soziale Konflikte in Hamburg mit – ein höheres Gewaltpotenzial in der linken Szene könne er nicht erkennen.

Die Polizei und der Senat haben sich bisher noch nicht zu den Vorwürfen geäußert.

Mit der Erklärung des Anwaltes werden weitere Fragen um die Rote Flora und das Vorgehen der Polizei aufgeworfen, die am Montag im Innenausschuss der Bürgerschaft diskutiert werden sollen.

Bild: Jom at de.wikipedia [CC-BY-SA-2.5 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/2.5), GFDL (http://www.gnu.org/copyleft/fdl.html) or CC-BY-SA-3.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/)], from Wikimedia Commons

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21 Kommentare

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  3. Hallo

    5. Januar 2014 at 21:18

    Man wundert sich. Hat keine Überwachungskamera das Ganze aufgezeichhnet am Sa auf der Reeperbahn um 23:00 Uhr? Gibt es keine Augenzeugen und wieso kriegt der arme verletzte Polizist keinen Besuch von Reportern im Krankenhaus, obwohl die gedruckte Hamburger Regionalpress doch immer sehr an tragischen Schicksalen und der großen Emotion interessiert ist? Seltsam…seltsam.

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  5. Tom

    5. Januar 2014 at 23:26

    Ich bin Anwohner auf St. Pauli.

    Die Angriffe insgesamt anzuzweifeln zeugt schon von erheblicher Realitätsferne. Ich habe einen Teil der Ereignisse an beiden Abenden mit eigenen Augen gesehen, und was ich beobachtet habe deckt sich mit der Darstellung der Polizei. Polizisten wurden definitiv angegriffen und den Ruf “habt ihr immer noch nicht genug” habe ich mit eigenen Ohren gehört.

    Die Überwachungskameras sind übrigens seit 2011 abgeschaltet, es gibt da ein Urteil aus 2012, wo man Detail erfahren kann (BVerwG 6 C 9.11). Kurzfassung: Nur für Demos und andere Großveranstaltungen darf die Kameraüberwachung eingesetzt werden.

    Einem Anwalt sollte das bekannt sein. Hier wird also mit unwahren Tatsachenbehauptungen Meinungsmache betrieben.

    • Daniel

      6. Januar 2014 at 20:23

      Leute lasst Euch nicht blenden von solchen Kommentare:

      Die Videoüberwachung auf der Reeperbahn ist zulässig, das besagt das hier genannte Urteil:
      http://www.bverwg.de/presse/pressemitteilungen/pressemitteilung.php?jahr=2012&nr=6

      Und bitte: Die Davidwache hat eigene Kameras, die mit der flächendeckenden Überwachung der Reeperbahn nix zu tun hat. Natürlich sit die Absicherung der Wache per Videomonitoring ebenfalls nicht eingeschränkt.

      Es ist doch lachhaft anzunehmen, das irgendeine Wache in Deutschland nicht mit Kameras geschützt ist.

      Daniel

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  7. Beobachter

    6. Januar 2014 at 10:23

    Der eingangs geschilderte Hergang wurde bereits am 30. Dezember in der Presse anders dargestellt. Das der Verletzte Polizist auf Streife in der Hein-Hoyer-Straße war ist daher bereits bekannt gewesen. Herr Beuth täuscht in diesem Punkt nachweislich die Öffentlichkeit. Alles Andere sind Ausreden die ein Rechtsanwalt für seine Mandanten immer darstellen muss, wobei naturgemäß nicht zu unterscheiden ist, was er erfunden hat und was nicht. Hier ist der Link zum Artikel im Hamburger Abendblatt: http://mobil.abendblatt.de/hamburg/polizeimeldungen/article123388088/Attacke-auf-Davidwache-Polizist-schwer-verletzt.html

    • nk

      6. Januar 2014 at 16:37

      > „Wenn ein Stein aus kürzester Distanz in das ungeschützte Gesicht eines Kollegen geworfen wird, dann wird hier der Tod eines Menschen offensichtlich in Kauf genommen“

      Meiner Meinung nach kann man das selbe über den Einsatz von Schlagstöcken und protektorenbewehrten Armen und Fäusten gegen ungeschützte Demonstranten sagen.

      > „Wieder einmal steht die Polizei als Puffer zwischen sprach- und hilflosen Politikern und politisch motivierten Gewalttätern.“

      ist auch eine ziemlich interessante, undifferenzierte Aussage. Alles in allem ist der Artikel mit seinen einseitigen Zitaten genauso tendenziös.

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  11. Mikko

    6. Januar 2014 at 14:17

    Ich finde es schlimm, dass der Polizist so brutal verletzt wurde! Aber ich verstehe auch die Wut die sich gegen die Polizei richtet. Ich habe auch gesehen, wie friedliche Demonstranten, sogar ältere Menschen und Familien mit Schlagstöcken verprügelt und mit Tränengas angegriffen wurden. Da hält sich die Empörung in Grenzen und Folgen für gewalttätige Polizisten gibt es nie. Wird aber ein Polizist verletzt, wird für eine ganze Stadt der Ausnahmezustand verhängt…

  12. hinz

    6. Januar 2014 at 15:42

    Als realistisch denkender Mensch erscheinen immer mehr Beiträge, die man hier zu lesen bekommt eine Färse. Ja, es ist alles eine Verschwörung. Der große böse Staat. Die armen Aktivisten dürfen sich alles erlauben, ganze Stadtteile nerven, verwüsten, die Anwohner nerven und Gewalt als Mittel für legitim erachten, ebenso, wie die Zerstörung fremden (ist ja auch schließlich kapitalistisches) Eigentums. Die sensationsheischendern Beitrage, die versuchen irgendwo irgendwelche Verschwörungen aufzudecken und das dauerhafte Fehlverhalten der Polizei zu dokumentieren lesen sich wie der Schrei nach Aufmerksamkeit von Pubertierenden. Ooooh-der Herr ist Jurist-na daaaaaannnn wird das ja irgendwas wert sein, was er zu vermelden vermag. Es hat mehrere Attacken gegen die Polizei gegeben. diese ist dazu ausgebildet sich zu schützen. Was glauben denn die verblendeten, aufgepeitschten jungen Menschen, was passieren wird? Dass die Polizei das hinnimmt? Auf Aktion folgt Reaktion. Da helfen auch keine Demos von den ewig Realitätsfernen. Klar, jeder hat ein Hobby. Wir alle waren mal jung und wütend.
    Offenbar suchen einige immer den großen, bösen Wolf-das geht am besten in einer Gruppe, die genauso denkt und laut schreit. Laut schreien, war ohnehin immer der beste Weg zum Ziel und de Welt gehört den Illuminati.

  13. Weg Gucker

    6. Januar 2014 at 17:05

    Ein Anwalt der Linksextremisten vertritt? Ein Googlen nach „Andreas Beuth“ reicht dann auch schon um sich ein Bild zu machen. Warum gehört Linksextremismus eigentlich immer noch zum guten Ton? Außer Elitärem-Bullshit-Gelaber a la´ „Man darf einem Menschen nicht wegen seiner Herkunft…“ kommt doch da nichts rum. Es sei denn man nennt Mülltonnen anstecken jetzt „Produktion“…..

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  16. Horst

    7. Januar 2014 at 10:25

    Die allermeisten Menschen waren nicht in der Nähe der Davidwache als die Polizisten am 28. Dezember verletzt wurden. Es gibt nur wenige Zeugenaussagen, die meisten stammen von der Polizei. Kern der Aussagen ist, dass eine Gruppe von rund dreißig Menschen, von einigen als alkoholisiert beschrieben, sich in der Nähe der Davidwache aufhielten und sich nicht politisch äußerten, sondern „Scheiß-HSV“, „Sankt Pauli“ und etwas beleidigendes oder provozierendes in Richtung der Polizisten riefen. In räumlicher und zeitlicher Nähe kam es zu Gewalttaten, in deren Folge drei Polizisten verletzt wurden, einer schwer. Eine Polizei würde vorbildlicherweise, nun versuchen den oder die Täter zu ermitteln. Die Polizei ist hier aber nicht nur Exekutive der Staatsgewalt, sondern auch Partei und bewusst oder unbewusst voreingenommen und interessengeleitet. Das führt dann zu absurden Vorwürfen und Forderungen. An sich bei dem Vorfall unbeteiligte werden von der Polizei als mutmaßliche Straftäter tituliert. Aufgrund welcher Indizienlage? Vielleicht Vorurteile? Vielleicht spielt eine vom Interesse an Aufklärung unabhängige Motivation eine Rolle? Die absurden Vorwürfe werden begierig von der sensationsgeilen Presse aufgegriffen und ausgeschmückt. Den Forderungen nach dem Ausrufen eines Gefahrengebiets wird schnell nachgegeben, höchstwahrscheinlich weil die Konfliktpartei Polizei selbst darüber entscheiden darf. Das eigentliche Problem ist also eine faktische Aufhebung der Gewaltenteilung und ein interessengesteuerte Auslegung der Aufgaben der Ordnungsmacht. Das ist im Kern undemokratisch und wider den Geist unserer Verfassung. Deswegen empfinden das sehr viele Menschen als Polizeistaat, was den Konflikt zwischen Polizei und kritischen Bürgern weiter verstärkt. Wer profitiert davon? Bestimmt nicht die Bürger dieser Stadt.

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