Am Donnerstag fand am Gänsemarkt eine weitere Demonstration gegen die Kontrollen von Flüchtlingen durch die Polizei statt. Bereits seit einer Woche gehen täglich knapp 1000 Menschen auf die Straße. Doch wer demonstriert da eigentlich und warum? Mittendrin hat sich bei den DemonstrantInnen umgehört.
Die Demonstration am Gänsemarkt wird Donnerstag schnell durch die Polizei gestoppt. Gegen 19 Uhr strömen rund 500 Menschen aus allen Richtungen auf die Straße. „Stoppt die rassistischen Kontrollen“, rufen die DemonstrantInnen lautstark. Die Polizei riegelt den Gänsemarkt sofort ab. Insgesamt sind an diesem Abend knapp 600 BeamtInnen im Einsatz. Wasserwerfer werden aufgefahren, die Reiterstaffel geht in Position. Niemand darf den Platz verlassen. Die Polizei fordert die DemonstrantInnen auf eine VersammlungsleiterInn zu benennen. „Das Versammlungsrecht sieht vor, dass es auch bei spontanen Demonstrationen einen Ansprechpartner geben muss. Wäre uns so jemand genannt worden, wäre es sofort möglich gewesen den Weg frei zu geben“, erläutert ein Polizeisprecher das Vorgehen. Dann heißt es warten. Außer einigen Leuchtkörpern, die in die Luft geschossen werden, passiert eine halbe Stunde nichts.
Innerhalb der Absperrungen der Polizei stehen vorwiegend jüngere Menschen. Viele sind in Schwarz gekleidet, jedoch längst nicht alle. Die meisten von ihnen waren auch bereits auf anderen Demonstrationen in den vergangenen Tagen dabei. So auch Veronika, die sich mit einer blauen Regenjacke vor dem Wetter schützt. „Ich finde es richtig ekelig, wie Europa sich abschottet. Die Politik von EU, Deutschland und Hamburg ist inhuman und menschenverachtend“, sagt die 25-Jährige. „Wenn ein Mensch seine Heimat verlässt, dann hat er auch einen Grund dafür. Das dürfen wir nicht anzweifeln“, begründet Veronika ihr Engagement auf den Demonstrationen. Auch der 37-jährige Jens mit seinem dunkelblauen Mantel demonstriert bereits zum wiederholten Mal in dieser Woche. „Man kann einfach nicht mit ansehen, dass der Senat die Rechte der Flüchtlinge mit Füßen tritt“, sagt Jens. Aus seiner Sicht wäre ein Bleiberecht auch nach den bestehenden Gesetzen möglich.
So sieht es auch Timo, der direkt von der Arbeit kommt und für eine Demonstration sehr elegant gekleidet ist. „Ich finde diese Kontrollen einfach nur rassistisch, deshalb bin ich bisher bei jeder Demonstration dabei gewesen“, sagt der 37-Jährige. Auch Jil, 31 Jahre alt, stört sich am Vorgehen der Polizei. „Allein das Polizeiaufgebot heute spricht doch Bände“, sagt sie. „Wir müssen dem Senat zeigen, dass wir mit seinem Vorgehen nicht einverstanden sind. Für eine Stadt, die sich mit dem Titel Tor zur Welt schmückt, ist das einfach nur peinlich“. Die kleine Gruppe von Holger, Monika und Elisabeth hebt den Altersschnitt etwas. Alle sind Ende 40 bis Mitte 50 und haben sich zum wiederholten Mal zum Protest gegen die Flüchtlingspolitik des Senats versammelt. „Vor Lampedusa ertrinken Menschen und hier wird erst Mitleid geheuchelt, bevor man Razzien gegen Flüchtlinge macht“, sagt Holger. Die Kontrollen der Polizei trieben ihn und die anderen auf die Straße. „Ein zusätzlicher Skandal ist, dass diese Politik in einer Stadt umgesetzt wird, die von der SPD regiert wird“, sagt Elisabeth.
Kurz nach dem Gespräch zieht die Polizei den Kreis um die DemonstrantInnen langsam enger und enger. Da sich kleine VersammlungsleiterInn gefunden hat, lösen die Beamten die Versammlung auf. Immer wieder werden kleine Gruppen herausgelassen, woraufhin die BeamtInnen sofort nachrücken. Gegen 20:30 Uhr hat sich der Platz geleert. Doch nicht alle gehen nach Hause. Überall in der Innenstadt tauchen im weiteren Verlauf des Abends DemonstrantInnen in Gruppen von zehn bis 20 Personen auf und rufen laut Sprüche wie „No border, no nation – stop deportation“. Es bleibt jedoch friedlich. Die Polizei ist weiterhin im Dauereinsatz, fährt mit Blaulicht quer durch die Stadt und riegelt unter anderem den Hauptbahnhof und das Rathaus kurzzeitig ab. „Es geht uns nur darum die Polizei zu beschäftigen, damit die keine Flüchtlinge kontrollieren können“, sagt ein Demonstrant auf der Mönckebergstraße. Irgendwann werden die Martinshörner leiser und der Einsatz ist auch für die letzten BeamtInnen vorbei.
Für Freitag sind jedoch bereits weitere Proteste angekündigt. Insbesondere die vorläufige Festnahme eines Flüchtlings, der in der St. Pauli-Kirche lebt, haben am Donnerstag die Proteste gegen die Kontrollen der Polizei weiter angeheizt. Gleichzeitig hat die Gruppe „Lampedusa in Hamburg“ dem Senat ein Gesprächsangebot unterbreitet. Es sieht danach aus, als würden die vielen unterschiedlichen Menschen aus ganz Hamburg auch in den kommenden Tagen auf der Straße sein.
Mark
18. Oktober 2013 at 09:44
Aus meiner Sicht, wirkt sich das Engagement der „Linksautonomen“ aus der Flora, Altona und aus St. Pauli negativ auf die Sache aus. Sieht man ja bei dieser Sache hier.
Jan
18. Oktober 2013 at 14:09
Das glaube ich nicht. Ich befürworte nicht bedingungslos Krawalle, aber ich glaube den Menschen in Hamburg ist zumindest verständlich, dass Menschen wütend sind. Und dass sich diese Wut, Tag für Tag gezielt befeuert vom Senat, irgendwann entlädt ist auch verständlich. Ich habe sehr viele Menschen aus „bürgerlichen“ Kreisen mit Kindern um mich herum und die allermeisten würden niemals auf eine Demo der „Linksautonomen“ gehen, fanden die Aktionen (z.B. Dienstag Abend in der Schanze) aber ok und nachvollziehbar und sehen als Aggressor den Senat. Und ich glaube so geht es sehr vielen Menschen in Hamburg.
Ob das „Engagement“, wie du es nennst, nicht in anderer Form sinnvoller eingesetzt wäre, kann ich nicht beantworten. Aber negativ wirkt es sich – noch – nicht aus.
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Erich
18. Oktober 2013 at 14:23
Am Mittwoch den 16.10. 2013 gab es eine kulturrelle Veranstalltung in St.Georg !!
Sie fand in der Hl.Dreieinigkeitskirche, dort waren auch ein paar Lampedusa Flüchtlinge !!
Sie haben dort eine Rede gehalten, die besagte, das sie sich von diesen Demonstranten
distanzieren !! Ihnen würde solche Demonstrationen nicht weiter helfen, sondern vielleicht
schaden !!
Hier zu der VIDEO LINK – http://youtu.be/CqkL7oUetOY
Erich Heeder – HINZ&KUNZT – VERKÄUFER
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Ralf
19. Oktober 2013 at 14:02
Ich halte mich lieber mal ein wenig zurück, nur soviel: was der Senat sich mit den Flüchtlingen erlaubt, ist an Unmenschlichkeit kaum noch zu überbieten; Die einstige Arbeiterpartei ist zur S adistischen P olitischen D omina pervertiert
Ralf Apelt
Erich
20. Oktober 2013 at 18:42
Am Mittwoch den 16.10. 2013 gab es eine kulturrelle Veranstalltung in St.Georg !!
Sie fand in der Hl.Dreieinigkeitskirche, dort waren auch ein paar Lampedusa Flüchtlinge !!
Sie haben dort eine Rede gehalten, die besagte, das sie sich von diesen Demonstranten
distanzieren !! Ihnen würde solche Demonstrationen nicht weiter helfen, sondern vielleicht
schaden !!
Hier zu der VIDEO LINK – http://youtu.be/CqkL7oUetOY
Erich Heeder – HINZ&KUNZT – VERKÄUFER