Kultur

Mit dem Handy zu Hammapedia

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Dominik Brück
@dobrueck

| M.A. Politikwissenschaft | E-Mail: brueck@hh-mittendrin.de

Das Museum für Hamburgische Geschichte ist selbst schon Teil der Stadthistorie geworden. In den Jahren 1914 bis 1922 erbaut, hat das imposante Gebäude die unterschiedlichsten Besucher gesehen. Auch die Konzepte der Wissensvermittlung haben sich im Laufe der Jahre geändert. Seit neustem ist auch das Online-Lexikon Wikipedia Teil des Informationsangebots an die Besucher.

Anfangs stand der interessierte Museumsgast dicht über die Informationstafeln gebeugt, um das hier niedergeschriebene Wissen aufzunehmen. Schulklassen verstummten schlagartig, wenn die Museumsführer um Ruhe baten und ihre mühevoll auswendiggelernten Informationen an die Gäste weitergaben. Später wurde es für den Museumsbesucher zur Gewohnheit seine Hand fest an das Ohr gepresst durch die Räume des Museums zu schreiten. Aus den Kopfhörern erklang die Stimme des Audioguides, der in Übereinstimmung mit den Nummern auf den Hinweistafeln über das betreffende Ausstellungsstück berichtete. Jetzt werden die Besucher mit dem Smartphone in der Hand vor den Hinweistafeln stehen. Unter den Zahlen für den Audioguide finden sich seit neuestem sogenannte QRpedia-Codes. Dem Museumsgast eröffnet sich so eine ganz neue Möglichkeit die Geschichte der Stadt zu erleben.

Hat das Smartphone einen der Codes erkannt öffnet sich der entsprechende Wikipedia Artikel. Die Besucher können so das gesammelte Wissen der Online-Enzyklopädie nutzen. Damit dieses für jeden verständlich ist, wird der Nutzer auf den Artikel in der Benutzersprache seines Handys weitergeleitet, wenn dieser verfügbar ist. „Auf diese Weise haben wir die Möglichkeit viel mehr zu zeigen, als dies mit Schildern möglich ist“, sagt Martina Fritz, Mitarbeiterin des Museums und zuständig für das Wikipedia Projekt. In den Wikipedia-Einträgen finden die Besucher unter anderem Fotos, Karten oder Informationsgrafiken. Wer mehr wissen will, erhält Quellenangaben und Links zur Vertiefung des Themas. „Wir überprüfen die Artikel regelmäßig, damit niemand falsche Informationen eingeben kann“, sagt Martina Fritz. „Wir freuen uns aber auch, wenn Besucher Informationen hinzufügen, die bisher nicht erwähnt wurden“.

Scannen eines Codes Hamburg Museum, 2012, Foto Martina Fritz

Im Rahmen des Projektes wurden bisher Objekte mit QRpedia-Codes versehen, die in das Gebäude des Museums eingebaut sind. Darunter sind zum Beispiel Teile der Häuser, die für den Bau der Speicherstadt abgerissen wurden oder das Portal des alten Rathauses, welches während des großen Brandes 1842 zerstört wurde. „Diese Exponate gehen in der Ausstellung oft unter und kommen jetzt viel besser zur Geltung“, sagt Martina Fritz. Zusätzlich hat das Museum die neue Ausstellung zum Thema „Taktgeber Hafen“ mit den Codes versehen.

Die Idee zu dem Projekt kam während eines Besuchs des Museums durch Christoph Braun. Der gebürtige Hesse zog 2010 für sein Politikstudium nach Hamburg und bemerkte, dass  mithilfe von Wikipedia besondere Museumsstücke besser gewürdigt werden können. Seit 2009 ist er selbst auf Wikipedia aktiv. Seinen ersten eigenen Artikel schrieb er über eine Brauerei in seiner Heimatstadt. „Zu einigen Ausstellungsstücken im Museum gab es bereits Artikel, die wir verlinkt haben. Die Hälfte der rund 20 Artikel für dieses Projekt mussten wir aber selbst neu schreiben“, sagt Christoph Braun, der selbst zwei Artikel für das Museum verfasst hat.

Die Direktorin des Museums für Hamburgische Geschichte, Professorin Lisa Kosok, ist von der Arbeit der Wikipedia-Autoren begeistert: „Das Projekt lädt dazu ein, das Museum neu zu nutzen. Museumsbesucher erhalten durch Wikipedia nicht nur die Möglichkeit am Museumswissen teilzuhaben, sondern auch selbst Artikel zu verfassen oder zu übersetzen“. Bisher ist jedoch noch unklar, wie das Projekt fortgesetzt werden soll. Theoretisch können Autoren auf Wikipedia-Artikel zu allen Exponaten des Museums erstellen. Für die Verbindung mit QRpedia-Codes besteht bisher von Seiten des Museums noch kein Konzept. Man will sich jedoch damit beschäftigen, sobald weitere Autoren Interesse bekunden. Dass irgendwann einmal das gesamte Museum mit QRpedia-Codes versehen sein wird, hält Christoph Braun jedoch für unwahrscheinlich: „Alle Objekte des Museums zu verlinken ist eine Lebensaufgabe. Wie viel möglich ist kommt aber auf die Aktivität der Community an“.

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